Regierungssprecher Seibert eilt zur Ehrenrettung der Kanzlerin:

Zur Neuland-Diskussion: Worum es der Kanzlerin geht – Das Internet ist rechtspolitisches Neuland, das spüren wir im polit. Handeln täglich.

Leider ist nicht überliefert, welche Pressekonferenz er da gesehen hat. In dieser hier philosophiert seine Chefin jedenfalls über die neuen Möglichkeiten und Gefährdungen durch das Internet, unmittelbar bevor sie es als Neuland bezeichnet.

Aber auch wenn sie es tatsächlich im Seibert’schen Sinn gemeint hat, wird es nicht besser. Ganz im Gegenteil. Dann ist „rechtspolitisches Neuland“ für ein überreguliertes und totalüberwachtes Internet nämlich ein brechreizerregender Euphemismus. (via daMax)

Angela Merkel hätte sich heute leicht lächerlich machen können, indem sie Obama in Sachen Internetüberwachung ernsthaft die Leviten liest. Weil unsere Kanzlerin aber eine Frau mit Stil ist, war ihr das zu billig, und sie hat einen eleganteren Weg gewählt:

Das Internet ist für uns alle Neuland.

Da wird sich Obama sicher riesig gefreut haben, der sich doch seit mindestens fünf Jahren mit diesem Internet beschäftigt. Und Neuland war es natürlich selbst da schon lange nicht mehr.

Merkels Einsatz für die religiotisch motivierte Genitalverstümmelung wurde belohnt. Und zwar mit dem Lord-Jakobovits-Preis der Europäischen Rabbinerkonferenz. Die hatten sich schon nach dem Kölner Urteil mit der Holocaust-Keule in der Faust zur Aussage verstiegen, die neue Sprache des Antisemitismus sei die Sprache der Menschenrechte.

Erfreulicherweise ist damit die juristische Diskussion noch nicht beendet:

Im Beck-Online-Kommentar zum StGB („Beck OK“) erschien kürzlich im Rahmen der Kommentierung zu § 223 StGB (Körperverletzung), Randnummer 9 f.. ein längerer Passus zum Thema Beschneidung Minderjähriger männlichen Geschlechts. Der Text ist eine selbständige kleine Abhandlung. Verfasser ist Herr Dr. Eschelbach, Richter im 2. Strafsenat des Bundesgerichtshofes. Die Abhandlung zeichnet sich aus durch eine sehr fundierte Auseinandersetzung mit der Beschneidung und ihrer Wirkung sowie der Bedeutung und Funktion der männlichen Vorhaut. Die vertiefte Auseinandersetzung mit Fakten und Auswirkungen der Beschneidung männlicher Kinder führt unweigerlich zu einem harten juristischen Urteil.

Und das lautet, dass § 1631 d BGB offensichtlich verfassungswidrig ist. Wobei die Beck’schen Kommentare meines Wissens Pflichtlektüre für jeden Juristen sind, was wohl die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass ein entsprechender Fall mal ans BVerfG verwiesen wird.

Als Guttenberg Ärger wegen seiner Doktorarbeit hatte, erklärte ihm die Kanzlerin ihr Vertrauen, weil sie ihn ja nicht als wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt hatte. Der mit Plagiatsvorwürfen belasteten Bildungsministerin Schavan erklärt Merkel ihr Vertrauen, weil – ja warum eigentlich? Im Untersuchungsbericht der Uni wird immerhin eine „leitende Täuschungsabsicht“ festgestellt, was nicht klingt, als könne sie sich da noch rausreden.

Aber vermutlich muss man das einfach als besondere Qualifikation sehen, wie bei unserem Schwarzgeld vergessenden Finanzminister.

Merkel muss die Gästeliste ihres Dinners zu Ackermanns 60. offenlegen. Da durfte Joe mit 20-30 Gästen im Kanzleramt feiern, und die Hausherrin hat offenbar schmutzige Witze erzählt oder zu intime Details gemeinsamer Erfolge preisgegeben:

Die Kläger haben zudem Anspruch auf die bislang geschwärzten Passagen der Redevorlage und auf Offenlegung der Rechnung der Kanzlerküche für das Abendessen.

Es ist ja leider kein neues Phänomen, dass die vielleicht schlechteste deutsche Regierung partout nicht mit ihrer deswegen auch als „Teflon-Merkel“ bekannten Chefin in Verbindung gebracht wird. Jens Berger hat sich für die Nachdenkseiten Gedanken dazu gemacht:

Merkels Erfolg wäre wohl undenkbar, wenn unsere Gesellschaft nicht derart visionsträge wäre. Analog tragen all diejenigen die Verantwortung für die hoffnungslose Situation, die aus Denkfaulheit, politischem Kalkül oder blankem Opportunismus mit an der Legende der eisernen Kanzlerin stricken.

Schon vier Monate alt, aber fürs Archiv hier dennoch Merkels Ausführungen zur „marktkonformen Demokratie“ im Hinblick auf milliardenschwere EU-Rettungsschirme:

Wir leben ja in einer Demokratie und das ist eine parlamentarische Demokratie und deshalb ist das Budgetrecht ein Kernrecht des Parlaments und insofern werden wir Wege finden, wie die parlamentarische Mitbestimmung so gestaltet wird, dass sie trotzdem auch marktkonform ist.

Nicht nur mir wäre ein demokratiekonformer Markt lieber.