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Es gibt aber auch gute Nachrichten für Wulff: 2013 werden die Bezüge des Bundespräsidenten um 18.000 Euro angehoben, was dann auch für seinen Ehrensold gilt. Mal gucken, ob ich fürs nächste Jahr auch 9% rausschlagen kann.
Und sein entfernter Bekannter Glaeseker war offenbar so clever, seine Festplatte ordentlich zu verschlüsseln.
Wulff meint plötzlich, er und Glaeseker seien doch nicht so dicke Kumpels gewesen, und von dessen Urlaubsplänen habe er deswegen schon mal gar nichts gewusst. Wir erinnern uns: „Siamesischer Zwilling“ und „Wenn Sie diesen Mann nicht mehr in meiner Nähe sehen, müssen Sie sich Sorgen um mich machen“.
Neuer Ärger für Wulff: 2007 stimmte Niedersachsen im Bundesrat gegen das Votum des eigenen Kabinetts, und damit wohl im Auftrag Wulffs zugunsten der Versicherungswirtschaft. Reiner Zufall, dass der Vorstandschef der Hannover Rück zuvor um „zweckdienliche“ Hilfe gebeten hatte und Wulff wenige Monate später seine Flitterwochen in der Villa des Aufsichtsratschef Wolf-Dieter Baumgartl verbracht hat. Ganz sicher.
Die Otto Brenner Stiftung hat eine interessante Studie mit dem Titel „Bild“ und Wulff – Ziemlich beste Partner veröffentlicht, die die Beziehung der beiden von der anfänglichen Hofberichterstattung bis zum Ende beleuchtet. Die Autoren liefern darin zum Beispiel auch eine plausible Erklärung für den dubiosen Mailbox-Anruf:
Die Vorstellung, ein offensichtlich in der Bredouille sitzender Christian Wulff sei in der Lage, das größte Medium des Landes mit einem verzweifelten Anruf unter Druck zu setzen, hat etwas Absurdes. Sehr viel plausibler ist die Annahme, dass Wulff zu Recht davon ausging, dass zwischen ihm und „Bild“ keine Beziehung zwischen Politiker und Journalist, sondern vielmehr eine seit vielen Jahren erprobte Geschäftsbeziehung zur Produktion von Aufmerksamkeit […] zu beiderseitigem Vorteil bestünde.
Die Wulffs schreiben ihre Memoiren, und Christian bekommt zumindest bis Ende des Jahres Büro und Wagen mit Chauffeur.
Der Große Zapfenstreich für Wulff wurde von bis zu 700 Demonstranten mit Vuvuzelas begleitet. Klasse Einleitung bei der taz:
Am Ende war Christian Wulff wieder ein Präsident der Bürger. Zu seinem Abschied kamen jedenfalls viele und gestalteten den Abend musikalisch mit.
Christian Wulff bekommt seinen Großen Zapfenstreich vor kleinem Publikum. Keiner der vier noch lebenden ehemaligen Bundespräsidenten wird kommen, und auch sonst sieht es wohl eher mau aus. Aber Wulff ist ja Kummer gewohnt.
Wulff bekommt seinen Ehrensold. Entschieden hat letztlich das Bundespräsidialamt, und dessen Chef ist ja ein alter Bekannter aus Niedersachsen. Gut, dass man in unserem Land noch Freunde haben darf.
Einen schönen Kommentar hat Jens Berger für die Nachdenkseiten geschrieben:
Christian Wulff ist ein Fanal für die moralische Bankrotterklärung der politischen Eliten. Um die Politikerverdrossenheit nicht noch weiter anzufachen und damit einen Flächenbrand auszulösen, ist es für jeden Politiker – gleich welcher Parteizugehörigkeit – geboten, sich gegen den Ehrensold für Christian Wulff auszusprechen.
Schwarz-Geld will nun den Ehrensold für Wulff an Bedingungen knüpfen: kein Job in der Wirtschaft, keine Verurteilung. Hieß es nicht kürzlich noch, darüber müsse das Präsidialamt entscheiden?
Auch der wissenschaftliche Dienst des Bundestages meint, dass Wulff kein „Ehrensold“ zusteht. Mehrere Bundestagsabgeordnete hatten hierzu Anfragen gestellt:
Politische Gründe seien solche, „die weder gesundheitlicher, privater noch persönlicher Natur sind, da sie im Zusammenhang mit der Gestaltung des öffentlichen Lebens stehen müssen“, insbesondere „schwerwiegende Differenzen über die Innen- oder Außenpolitik der Regierung“, heißt es etwa in einer aus den Reihen der Grünen beauftragten Ausarbeitung. „Zumindest bei einem Rücktritt wegen strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens außerhalb des Amtes“ sollten durch das BPräsRuhebezG „die Voraussetzungen für den Erhalt eines Ehrensoldes nicht geschaffen werden“.
Aber unsere Regierung wäre nicht unsere Regierung, wenn sie das Geld nicht doch raustun würde. Wulff selbst war übrigens 2010 noch für eine Kürzung des Ehrensolds. Da bin ich doch mal gespannt, wieviel er davon letztlich spenden wird.
Wenn auch viel zu spät, so ist es nun endlich doch noch passiert: Wulff ist zurückgetreten! Aber wie habe ich schon vor einigen Wochen sinngemäß bei Twitter gelesen:
Wer drei Wahlgänge braucht, um ins Bundespräsidialamt zu kommen, braucht auch etwas mehr Hilfe, um wieder hinaus zu finden.
Okay, sehr viel Hilfe. Fürs Archiv noch zwei humoristische Höhepunkte der letzten Tage. Oliver Kalkofe hat nach der Wulff-Erklärung nun auch das Interview für uns übersetzt. Und einige VWL-Studenten hatten vermutlich viel Spaß, als sie in einer Mikroökonomik-Klausur lesen konnten:
Der Bundesprominente Chris Fox und seine neue Frau Betty werden vom Steuerzahler mit jährlich 240.000 Euro alimentiert, damit sie sich ein schönes Leben machen können. Ein schönes Leben besteht für die beiden darin, sich auf Urlaubsreisen zu begeben und Partys in ihrem Schloss zu feiern. Eine Party kostet das Paar […]
Es gibt doch noch gute Nachrichten in der Causa Wulff: Die Staatsanwaltschaft Hannover hat beim Bundestag die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten beantragt. Ermittelt werden soll wegen Vorteilsnahme und Vorteilsgewährung in Zusammenhang mit dem Filmfondsmanager David Groenewald.
Um 11 Uhr will sich Wulff erklären. Der nächste bitte!
Haha: Für den Berlinale-Empfang des Bundespräsidenten hagelte es diesmal Absagen der Filmschaffenden. Dafür wurden offiziell meist Termingründe genannt, Regisseur Hans Weingartner wurde allerdings konkreter:
Es wäre mir peinlich, wenn Herr Wulff mich nach Freikarten für meinen neuen Film fragt.
Strafrechtler Klaus Bernsmann sieht in den Vorwürfen gegen Wulff einen „Klassiker der Vorteilsannahme“, wobei eine konkrete Gegenleistung gar nicht erforderlich sei, um einen Anfangsverdacht zu rechtfertigen. Er sieht einen möglichen „feudalistischen Respekt“ vor dem Bundespräsidenten als Grund für die Zurückhaltung der Staatsanwaltschaften.
Und Verfassungsrechtler von Arnim meint, dass Wulff im Falle eines Rücktritts aus den derzeit bekannten Gründen keinen „Ehrensold“ beziehen dürfe, weil es sich dann um einen Rücktritt aus „persönlichen Gründen“ handelte. Eine Apanage für den Bundespräsidenten gibt es nämlich explizit nur nach Ende der Amtszeit oder bei einem Rücktritt aus gesundheitlichen oder politischen Gründen. Aber:
Die Entscheidung über den Ehrensold liege im Fall eines Rücktritts bei der Bundesregierung: „Unter den gegebenen Umständen kann Wulff den Ehrensold nur bekommen, wenn man dem Gesetz Gewalt antut.“
Seufz, dann werden wir die Kohle wohl doch raushauen.
Eine Hausdurchsuchung im Bundespräsidialamt, ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal lesen muss, auch wenn es nur um das alte Büro von Glaeseker ging. Dazu der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter:
Staatsanwaltschaft und Polizei haben Anlass, Deutschlands erste Adresse zu durchsuchen, der Hausherr aber bleibt wieder einmal sprachlos. Man fragt sich, ob der prominente Mieter in Bellevue noch irgendetwas vom realen Leben draußen mitbekommt oder sich schon im Panikraum des Schlosses verschanzt hat.
Christian Wulff darf man neuerdings sogar einen Lügner nennen. So hatte nämlich in einem Interview ein Grünen-Politiker den designierten Ex-Bundespräsidenten tituliert und sich drei Anzeigen wegen Verunglimpfung des Bundespräsidenten eingefangen. Eine Oberstaatsanwältin in Hannover hält die Bezeichnung aber für von der Meinungsfreiheit gedeckt und sieht keinen Anlass für Ermittlungen.
Ich hatte ja keine Ahnung: Christian W. – Der Mann, der nicht zurücktreten kann. Was für ein erschütterndes Schicksal. Danke, extra 3!
Wenn es heute Abend bei Jauch heißt: „In aller Freundschaft – Wie viel ‚Wulffen‘ ist in Ordnung?“, wird zunächst nicht ganz klar, worum es eigentlich gehen soll. Zu viele Bedeutungen hat der Neologismus „wulffen“ mittlerweile erfahren.
Zunächst einmal das naheliegende unfreundliche Volltexten (eines Anrufbeantworters). Dann das offensichtliche Herumlavieren um die Wahrheit, ohne dabei als Lügner dastehen zu wollen. Und spätestens seit letztem Sonntag auch das „Mitnehmen ohne zu bezahlen“, so definiert bei Jauch von Karl Lauterbach – und dabei ging es da noch nicht einmal um El Presidente.
Egal ob Fernsehen oder Straßenbahn: kein Tag, ohne dass irgend jemand einen mehr oder weniger gelungenen Wulff-Witz zum Besten gibt. Ein Dessous-Hersteller wirbt wohl auch schon damit, dem „lieben Christian“ zeigen zu wollen, was Transparenz bedeutet.
Es gab eine Zeit, da konnte sich Zensursula nicht mehr öffentlich blicken lassen, ohne von Transparenten empfangen zu werden. Wer weiß, wie lange Wulff das entwürdigte Amt des Bundespräsidenten davor noch schützt. Um sich dennoch als Vetreter der Deutschen zu begreifen, muss man wohl Berufspolitiker sein.
Update: Hier gibt es die Dessous-Werbung und drei weitere Anzeigen mit Wulff-Motiven.
Die Niedersachsen-SPD will Wulff vor dem Landesverfassungsgericht verklagen. Seine Staatskanzlei soll 2010 falsche Angaben zur finanziellen Unterstützung des „Nord-Süd-Dialogs“ gemacht haben, einer privaten Lobbyveranstaltung zu der sich auch Glaeseker gerade rechtfertigen muss. Dessen Frau hatte an einem Kochbuch mitgearbeitet, das den Gästen der Veranstaltung als Abschiedsgeschenk überreicht und vom Land mitfinanziert wurde. Ein finanzielle Beteiligung hatte der damalige Staatskanzleichef Lothar Hagebölling aber gegenüber dem niedersächsischen Landtag bestritten. Heute ist der Mann Chef des Bundespräsidialamtes.