Erfreuliches Urteil: Für zwei Homöopathika darf nicht mehr mit einer Stärkung der Selbstheilungskräfte geworben werden. Dem Gericht fehlte der Nachweis der Wirkung. Ich hoffe, dass das Urteil Bestand hat, denn da geht es um den Kern der homöopathischen Heilslehre.

„Wir sind natürlich nicht zufrieden“, sagt der Apotheker Rainer Mersinger, der sich bei Hevert um Werbetexte kümmert. Besonders stört ihn ein Aspekt: „Wir haben eine Stärkung der Selbstheilungskräfte beansprucht, weil wir der Auffassung waren, dass dies ein allgemein anerkanntes Prinzip ist, wie die Homöopathie überhaupt wirkt“, sagt Mersinger gegenüber DAZ.online.

Tja, falsch aufgefasst.

Die Dänen haben jetzt einen Kreationisten als Wissenschaftsminister. Allerdings hat NRW ja auch eine Homöopathieanhängerin als Gesundheitsministerin – von unserem Bundesfinanzminister ganz zu schweigen. Und Kreationismus hatten wir in Hessen 2007 auch schon mal.

Hessens Kultusministerin Karin Wolff (CDU) will die biblische Schöpfungsgeschichte im Lehrplan des Faches Biologie aufnehmen. Ministerpräsident Roland Koch und die Union stellen sich hinter sie.

(via Fefe)

Das muss ich mir für den nächsten Arzt oder Apotheker merken, der mir mit Glaubulis „helfen“ will. Die drei mögliche Motive:

  1. Der Apotheker/die Apothekerin glaubt selbst an Homöopathie, wodurch wiederum die fachliche Richtigkeit aller anderen Auskünfte in Frage gestellt wäre.
  2. Der Apotheker/die Apothekerin glaubt selbst nicht an Homöopathie, hält mich aber für leichtgläubig und/oder ahnungslos und lässt es auf einen Versuch ankommen.
  3. Der Apotheker/die Apothekerin hält mich für einen Hypochonder und/oder Spinner und versucht, mir über den Umweg mit dem „natürlichen Mittel“ ein Placebo unterzujubeln.

Mal eine erfreuliche Nachricht: Die Planungen für einen Homöopathie-Studiengang in Traunstein sind vorerst vom Tisch. Das dürfte die Aura des durchschnittlichen Homöopathie-Nuters zwar nicht stören, aber ich finde es schon gut, dass es für den Hokuspokus nicht auch noch einen akademischen Abschluss gibt. Auf die offizielle Begründung bin ich allerdings gespannt:

Auskunft zum geplanten Studiengang darf bei Steinbeis nur einer geben: Professor Dr. Dr. h.c. mult. Johann Löhn, Präsident und Geschäftsführer. Der allerdings ließ Anfragen zunächst unbeantwortet. An der Homöo-Akademie in Traunstein war zunächst niemand zu erreichen.

Da das mit den homöopatischen Potenzen für unseren beschränkten Verstand ja nicht wirklich vorstellbar ist, gibt es allerhand schöne Vergleiche, um sich den Dimensionen zumindest zu nähern. Hier ein besonders feiner:

Das Beispiel eines Forenten auf SPON. Sein Prof. hat die Studenten ausrechnen lassen, wieviel Wasser man braucht, um in einen Schritt 1 ml Bienengift auf die in einem Homöpathie-Buch empfohlene Verdünnung von D60 zu bringen.

Es ergibt einen Würfel mit Kantenlänge 105 Lichtjahre (nach meiner Rechnung). Nach Angabe des Forenten braucht die Voyager 1 Monat bei maximaler Warp-Geschwindigkeit, um eine Kante abzufliegen (hab ich nicht nachgerechnet ;-). )

Ich habe zugegebenermaßen nicht versucht das nachzurechen. Aber bei den Dimensionen, in denen wir uns bei homöopathischen Verdünnungen bewegen, kommt es auf ein paar Stellen mehr oder weniger ja auch nicht mehr an. wink

Die nordrhein-westfälische Gesundheitsministerin Barbara Steffens von den Grünen will mehr Homöopathie fördern. Bleibt nur zu hoffen, dass sich Hannelore Kraft die Worte ihres Parteikollegen Lauterbach zu Herzen nimmt, und diesen Hokuspokus nicht unterstützt.

Dazu passend hatte die ZEIT gerade einen lesenswerten Artikel über die Auseinandersetzung des Professors für Alternativmedizin, Edzard Ernst, mit dem Homöopathie-Gläubigen Prinz Charles. Darin Ernst:

Wir haben in der Medizin Fortschritte gemacht, als wir vor 150 Jahren aufgehört haben, uns an Anekdoten zu orientieren.

Einer der großen Vorteile der Homöopathie ist ja, dass sie im Gegensatz zur Schulmedizin den ganzen Menschen sieht und nicht nur an Symptomen herumlaboriert. Dachte ich zumindest. Aber das hatte ich wohl falsch verstanden, wenn ich lese, was der weltgrößte Glaubuli-Hersteller Boiron so twittert:

(via)

Eugen Roth: Der Wunderdoktor (1939)

Berühmt zu werden liegt an dem:
Du mußt begründen ein System!
Such was Verrücktes und erkläre,
Daß alles Heil im Kuhmist wäre,
Dem, auf die Wunde warm gestrichen,
Noch jede Krankheit sei gewichen
Und den, nachweislich, die Azteken
Geführt in ihren Apotheken …
Hält man dich auch für einen Narren,
Du mußt nur eisern drauf beharren,
Dann fangen immer einige an,
Zu glauben, es sei doch was dran,
Und du gewinnst dir viele Jünger,
Die deine Losung: „Kraft durch Dünger!“
Streng wissenschaftlich unterbauen
Und weiterkünden, voll Vertrauen.

Christian Specht hat auf seinem Blog eine klasse Artikelserie zur Homöopathie veröffentlicht, die ich nur zur Lektüre empfehlen kann. Gelernt habe ich dort zum Beispiel, dass wir den Hokuspokus nicht nur im Gesundheitssystem mitfinanzieren (Artikel V):

So manche dieser Kosten gehen zu Lasten der Allgemeinheit, ohne dass die meisten auch nur etwas davon ahnen. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass man sich per Bildungsgutschein zum Homöopathen ausbilden lassen kann? Zum Zeitpunkt der Artikelentstehung listet das KURSNET der Bundesagentur für Arbeit unter dem Suchbegriff „Homöopathie“ 348 mit Bildungsgutschein förderbare Veranstaltungen auf. In einem maroden Sozialsystem, das an allen Ecken und Enden weiter kaputt gespart wird, wird sinnlos Geld verblasen um Leuten beizubringen, rituell Wasser zu schütteln.

Andererseits sollte einen wahrscheinlich gar nichts mehr wundern, wenn man bedenkt, dass nach Allensbacher 84% der Bundesbürger bereits Homoöpathika anwenden oder sich dies in Zukunft vorstellen können.