Eine anonyme Quelle hat der internationalen Presse eine Festplatte mit 260 GB Daten über die geheimen Geschäfte verschiedener Steueroasen zugespielt. Bis zu den aktuellen Berichten zu den Offshore-Leaks dauerte es dann über ein Jahr, denn:

Die Datenmenge ist enorm: etwa 150-mal so groß wie beim bisher größten veröffentlichten Leak, den Botschaftsdepeschen von Wikileaks. Die Depeschen lagen damals außerdem in einem einheitlichem Format vor und konnten darum standardisiert ausgewertet werden. Die Offshore-Festplatte enthält dagegen alle möglichen Formate durcheinander: Firmendatenbanken, E-Mails, Vorlagen in Word, Scans, Briefe als PDF.

Die weiteren Auswertungen zu den 122.000 Briefkastenfirmen mit Verbindungen in 170 Länder werden bestimmt spannend. Was mich allerdings viel mehr interessiert ist die Frage: wo zur Hölle kommen die Daten her? Dabei geht es mir nicht um die Person des edlen Spenders, dem ich ewige Anonymität wünsche – ich wüsste gerne, wo diese Daten gesammelt wurden.

Für Kontoinformationen einzelner Banken oder Handelsregisterauszüge einzelner Steueroasen, kann ich mir eine entsprechende Quelle noch leicht vorstellen. Um an die oben genannten Daten zu kommen, scheidet eine einzelne menschliche Quelle allerdings aus.

Auch als kollektive Leistung kann ich mir das nicht vorstellen: Wer hätte diese Menge an Daten koordiniert sammeln sollen? Eine Plattform wie WikiLeaks hätte die Daten sicherlich medienwirksam selbst (mit-)veröffentlicht und für mögliche Whistleblower auch hinreichend bekannt sein müssen. Und auch wenn sich jemand aktiv um die Befreiung der Daten bemüht hätte, wäre es ja nicht mit einer kleinen Truppe und ein paar Hacks getan gewesen.

Ganz oben angesetzt, weiß ich auch nicht, wie ich das mit einem Geheimdienst erklären sollte. Ich kann mir noch vorstellen, dass die zwei Millionen E-Mails mittels automatisierter Kommunikationsüberwachung abgefischt wurden (Stichwort: Echelon) und mit ihnen alle Scans und Word-Dokumente. Aber Firmendatenbanken? Um Rohdaten kann es sich also nicht handeln und das Echelon-Bodenpersonal scheidet aus. Wenn die Daten aber bereits verarbeitet und mit anderen Quellen verbunden worden sind, wird auch der Kreis derer enger, die Zugriff auf diese Daten haben – und damit das Risiko der Enttarnung größer. Irgendwie erscheint mir das unwahrscheinlich. Und warum hat der Informant die aus den Daten gewonnenen Informationen nicht auch noch mit auf die Platte gepackt und den Journalisten ein Jahr aufwendiger Forensik erspart?

Also: Woher kommen die Daten? Oder drehe ich hier grade frei und die Erklärung ist ganz einfach?

Update: Auch Wolfgang Michal vom Standard will erst ein paar Routinefragen geklärt wissen.

sueddeutsche.de hat sich auch für meine kleine LSR-Whitelist qualifiziert. Die Aussage hat zwar keinen Bezug zur aktuellen Diskussion, ist dafür aber sehr konkret:

Einfaches Zitieren unserer Texte ist immer erlaubt, solange sich die Länge des Zitats im Rahmen hält. Drei Sätze plus Überschrift und Vorspann halten wir dabei für eine gute Grenze. Verlinken Sie bitte auf unseren Text.

Das Bundesjustizministerium stellt die Texte seiner Webseite unter eine CC-Lizenz. Aus der Pressemitteilung:

Die Informationen des Bundesjustizministeriums werden mit Steuergeldern erstellt und sollten daher für jeden zugänglich und verfügbar sein. Deshalb führen wir nun ein Lizenzmodell ein, dass die Verwendung und Weiterverbreitung unserer Texte urheberrechtlich erlaubt.

Ein kleiner Schritt, aber immerhin in die richtige Richtung. Und irgendwann überlegen wir dann vielleicht auch mal, was der Unterschied zu den mit Gebührengeldern erstellten Informationen der Öffentlich-Rechtlichen ist.

Keine Ahnung, ob das einen Erkenntnisgewinn bringt, aber gelegentlich charakterisieren sich Zeitungen und Zeitschriften ja gegenseitig oder selbst, und das will ich hier einfach mal sammeln.

Dabei dürfte es bei der politischen Einordnung von links bis konservativ nur im Detail Differenzen geben, ich denke eher an Sachen wie das „Sturmgeschütz der Demokratie“. Mal gucken, was dabei rauskommt, für Hinweise bin ich dankbar.

Bild

Springer-Vorstandsvorsitzender Mathias Döpfner, 2006: „Für die „Bild“-Zeitung gilt das Prinzip: Wer mit ihr im Aufzug nach oben fährt, der fährt auch mit ihr im Aufzug nach unten.“

die tageszeitung, 5.1.2012: „Wie naiv muss man sein, zu glauben, man könne ein Imperium wie die Bild-Zeitung daran hindern, in die Öffentlichkeit zu tragen, was es will?“

Frankfurter Allgemeine Zeitung

Der SPIEGEL, 39/2007: „Die politische Kommentierung verharrt in oft marottenhaftem Konservativismus. Die Debattenathletik, die das Feuilleton einst groß machte, hat sich erschöpft.“

Der Spiegel

Spiegel-Gründer Rudolf Augstein, 1963: „In der Ära Adenauer waren wir das Sturmgeschütz der Demokratie, mit verengten Sehschlitzen. Im ärgsten Kampfgetümmel, wo man uns manche Hafthohlladung appliziert hatte, erreichten wir nicht entfernt die Wirkung wie in dem Moment, da man uns wie mit einem Netz auf den Trockenboden schleppte und die Armierung zu demontieren gedachte.“

Zensur überflüssig, unsere Journalisten sind schon so „ganz auf Linie mit den Eliten“:

Ich vermute folgendes: Journalisten mit Eliten-kompatiblen Werten und Meinungen haben höhere Chancen, Zugang zu den höchsten Kreisen zu bekommen, und die Einbindung in das Elitenmilieu verstärkt dann über die Zeit hinweg die Konformität. Das heißt auch: Journalisten mit Eliten-kompatiblen Meinungen haben bessere Chancen, Karriere zu machen, denn sie können im eigenen Haus und in der Branche mit exklusiven Informationen und hochrangigen Interviewpartnern punkten.