Wo wird denn Kinderpornographie eigentlich toleriert? Das ist die Frage, die sich mir immer stellt, wenn Politiker unangenehm mit der Unterstellung auffallen, im unzivilisierten Rest der Welt könne man nicht gegen Kinderpornographie im Internet vorgehen, weil es dort keine entsprechenden Gesetze gäbe. So zum Beispiel Ursula von der Leyen:
Die bittere Wahrheit ist, dass bisher nur die Hälfte der Länder Kinderpornographie ächtet. Das heißt, die andere Hälfte toleriert sie.
Und genau diese Frage hat sich Dirk Landau auch gestellt und die Quelle analysiert, auf die sich diese Behauptung bezieht. Seine Recherche zur tatsächlichen Lage in diesen Ländern ist unbedingt lesenswert. Ich nehme nicht zu viel vorweg, wenn ich sage, dass die Behauptung von Frau von der Leyen nicht so ganz korrekt ist.
Update: Der Spiegelfechter Jens Berger hat sich näher mit der Quelle der dubiosen Untersuchung beschäftigt und weiß Interessantes zu berichten:
Das ICMEC wurde 1998 als Ableger des amerikanischen National Center for Missing and Exploited Children (NCMEC) ins Leben gerufen, um weltweit gegen Kindesmissbrauch vorzugehen und vermisste Kinder wiederzufinden – Technologiepartner des NCMEC ist Microsoft. Spätestens im Jahre 2004 stieg Microsoft auch in einem erheblichen Umfang beim internationalen Ableger des NCMEC ein und wurde dessen Exklusivpartner – finanziell und operativ. Zusammen mit der ICMEC und einer Startfinanzierung in Höhe von 1,5 Mio. US$ rief man die „International Centre’s Global Campaign Against Child Pornography” ins Leben. Es mag ja ein Zufall sein – aber seit diesem Zeitpunkt „explodiert“ auch weltweit das Ausmaß der Kinderpornographie im Internet, obgleich Brancheninsider von einem signifikanten Rückgang sprechen. Von Altruismus oder Philanthropie ist der Gigant aus Redmond natürlich nicht getrieben. Im Rahmen des Programms gegen Kinderpornographie hat Microsoft alleine in den ersten zwei Jahren seines Engagements 1.800 Strafverfolgungsbeamte in 93 Ländern ausgebildet – natürlich auf Systemen des Microsoft-Konzerns. Einen besonderen Fokus legen das ICMEC und Microsoft dabei auf den gigantischen Wachstumsmarkt Indien, mit einer Milliarde potentieller Kunden.