Schavan wurde der Doktortitel aberkannt. Und zwar mit einer schallenden Ohrfeige des Fakultätsrats der Universität in Düsseldorf. Der erklärt:

dass die damalige Doktorandin systematisch und vorsätzlich über die gesamte Dissertation verteilt gedankliche Leistungen vorgab, die sie in Wirklichkeit nicht selbst erbracht hatte.

Finanzminister mit Schwarzgelderfahrung, Bildungsministerin mit Plagiatshintergrund und kein Wahlrecht um sie abzuwählen – willkommen in der Komikernation Deutschland!

Als Guttenberg Ärger wegen seiner Doktorarbeit hatte, erklärte ihm die Kanzlerin ihr Vertrauen, weil sie ihn ja nicht als wissenschaftlichen Mitarbeiter eingestellt hatte. Der mit Plagiatsvorwürfen belasteten Bildungsministerin Schavan erklärt Merkel ihr Vertrauen, weil – ja warum eigentlich? Im Untersuchungsbericht der Uni wird immerhin eine „leitende Täuschungsabsicht“ festgestellt, was nicht klingt, als könne sie sich da noch rausreden.

Aber vermutlich muss man das einfach als besondere Qualifikation sehen, wie bei unserem Schwarzgeld vergessenden Finanzminister.

Oups, das hatte ich gar nicht mitbekommen. Annette Schavan hat sich seinerzeit auch zu den Plagiatsvorwürfen gegen Guttenberg eingelassen:

Als jemand, der vor 31 Jahren promoviert hat und in seinem Berufsleben viele Doktoranden begleiten durfte, schäme ich mich nicht nur heimlich.

Ein fast so schöner Boomerang wie Wulffs physische Leiden.

In der ungarischen Plagiatsaffaire ging es dann doch ganz schnell: Erst ist der verantwortliche Universitätsrektor zurückgetreten, dann auch der überführte Staatspräsident Schmitt selber. Sportlich auch die Ausmaße:

Ermittlungen der Hochschule hatten ergeben, dass rund 200 der 215 Seiten von Schmitts Doktorarbeit über die modernen Olympischen Spiele weitgehend von zwei anderen Autoren abgeschrieben waren.

Ein neuer Plagiatsfall bei der Schwarzen Pest: die Universität Innsbruck überprüft die Dissertation von Dominic Stoiber. Der ist CSU-Lokalpolitiker und außerdem der Sohn von Edmund Stoiber. Da ist der Papa bestimmt irre stolz, immerhin wurde seiner Tochter der Doktortitel letztes Jahr auch schon aberkannt. Und zunächst wollte sie dagegen auch klagen.

Update: Hat sie sogar. Bisher allerdings nur zur Wahrung der Frist und ohne Begründung der Klage.

Update: Brachte aber nichts.

Jeder, der schon einmal einen Schulaufsatz verfasst hat, weiß, dass es unmöglich ist, unbewusst in den epischen Ausmaßen ab- und umzuschreiben, wie es Guttenberg in seiner Dissertation getan hat. Wenn man dennoch den Vorwurf des Vorsatzes entkräften will, muss man sich also schon etwas einfallen lassen, so wie Staatsanwaltschaft Hof:

Die Ermittler, so der „Spiegel“ weiter, können in Guttenbergs Handeln lediglich einen „Eventualvorsatz“ erkennen. Demnach hat es Guttenberg zumindest ernsthaft für möglich gehalten, beim Verfassen seiner Doktorarbeit zu täuschen und die Folgen seines Handelns auch in Kauf genommen. Bewusst getäuscht habe er aber nicht.

Beeindruckend oder? Und dabei hat er das Plagiieren vor seiner Doktorarbeit schon in einem Artikel geübt.

Silvana Koch-Mehrin möchte die Aberkennung ihres Doktortitels wegen Plagiaten nicht hinnehmen und widerspricht dem Beschluss der Uni Heidelberg.

Das könnte lustig werden, denn die „fehlenden Quellenangaben“ bestreitet sie nicht einmal, behauptet nur, dass sei den Prüfern bekannt gewesen und auch kritisiert worden. Koch-Mehrin müsste dem Gericht also den feinen Unterschied zwischen fehlenden Quellenangaben und Plagiaten erklären, und die Universität, wie sie für so eine Arbeit trotzdem einen Doktortitel verleihen konnte. Popcorn!

Nächster Fall im Doktorarbeiten-Domino, und diesmal ein ganz besonders brisanter: Bernd Althusmann (CDU) ist nämlich nicht irgendwer, sondern als Kultusminister Niedersachsens und amtierender Präsident der Kultusministerkonferenz derzeit so etwas wie der oberste Bildungspolitiker Deutschlands. Und da wäre es eigentlich seine Aufgabe, „auf die Sicherung von Qualitätsstandards in Schule, Berufsbildung und Hochschule hinzuwirken“. Die ZEIT hat sich ausführlich mit Althusmanns „Trüben Quellen“ beschäftigt und bietet die Analyse seiner Dissertation auch zum Download an.

Mehr zum Thema Plagiate gibt es jetzt auch auf De Plagio, einem Gemeinschaftsprojekt bloggender Wissenschaftler, die die Reputation der Wissenschaft im Zeitalter des Plagiats retten wollen.

Als Silvana Koch-Mehrin erwartungsgemäß der Doktortitel entzogen wurde, mit dem sie im Wahlkampf noch stolz geworben hatte (Slogan: „Arbeit muss sich wieder lohnen“), wäre ein Mensch mit Anstand wohl von allen Ämtern und Mandaten zurückgetreten. Bei der FDP sieht man das nicht so eng, und so hat die Parteiführung auch kein Problem damit, wenn sie als EU-Abgeordnete weiterhin dicke Diäten aus unseren Steuergeldern kassiert.

Zu spät fiel allerdings auf, dass man beim Tritt ins Gesicht aller ehrlichen Wissenschaftler und Bürger offenbar vergessen hat, auch noch ordentlich Anlauf zu nehmen. Voilà, zweiter Versuch – diesmal aus Brüssel: dort vertritt uns Silvana Koch-Mehrin zukünftig im Forschungs-Ausschuss des EU-Parlaments. Im Forschungs-Ausschuss! Da kann ich gar nicht so viel essen …

Wer meint, man könne einfach alle Doktorarbeiten automatisiert von einer Software auf Plagiate prüfen lassen, sieht sich getäuscht:

Die aktuellen Plagiaterkennungssysteme funktionieren am besten mit kleineren Texten wie Hausarbeiten. Für komplexe Texte mit vielen Zitaten und Fußnoten sind sie nur begrenzt geeignet.

Ein Vergleich der Ergebnisse von GuttenPlag und VroniPlag bestätigt: Der Altmeister des Plagiats ist handwerklich nicht zu schlagen. Aber es gibt Neues von den „Germanys Next Guttenberg“-Kandidatinnen.

Veronica Saß will nötigenfalls klagen und die Aberkennung ihres Doktortitels durch die Uni Konstanz nicht so einfach hinnehmen. Das zeugt von Sportsgeist und könnte bei 40-seitigen wortwörtlichen Plagiaten und nicht gekennzeichneten Wikipedia-Zitaten ein lustiges Verfahren werden.

Silvana Koch-Mehrin hingegen führt ihren Titel noch, ist nun aber von all ihren Ämtern zurückgetreten und will nur noch ihren lukrativen Sitz im EU-Parlament behalten. Schöne Schlagzeile dazu: „Vorzeigefrau wird Hinterbänklerin„. Während ihre Mitgliedschaft im Präsidium der FDP eigentlich nur für deren Mitglieder oder ihre verwirrten Wählern relevant ist, zahlen wir so mit unseren Steuern ihre Diäten weiter.