Komisch – gefühlte 90% der Internetnutzer haben kein Problem damit, Facebook direkt ihre Daten zu geben, aber wenn Facebook WhatsApp kauft, sind alternative Messenger plötzlich ein Thema. Sei’s drum. Es ist immer schön, wenn sich mehr Menschen Gedanken um Datenschutz und Sicherheit machen, und immerhin kenne ich jetzt mit Telegram einen Open-Source-Messenger, dessen Entwickler für das Brechen seiner Verschlüsselung 200.000 $ ausgelobt haben. Das ist zumindest selbstbewusst.

Aber so sympatisch ich nicht-kommerzielle Open-Source-Projekt auch finde, und so toll Ende-zu-Ende-Verschlüsselung und „taking back our right to privacy“ klingen – für sicherheitssensible Zeitgenossen ist Telegram leider (noch) nicht uneingeschränkt empfehlenswert. Was man wissen sollte:

  • Derzeit sind nur Clients, API und Protokoll Open Source. Die Kommunikation wird bis zu den Telegram-Servern ist verschlüsselt, der Rest ist auch hier Vertrauenssache.
  • Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ist leider kein Standard, sondern wird nur in speziellen Chats genutzt.
  • Die Schlüssel für die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung sind nicht an den Account gebunden, sondern werden für jeden secret chat neu erstellt. Alte Geheimchats sind nicht mehr lesbar.
  • Wie die Identifizierung von Telegram-Nutzern in den Kontakten funktioniert, wird nicht näher erläutert. Es werden also möglichweise Telefonnummern zu den Servern übertragen.
  • Telegram zeigt an, wann die anderen Nutzer zuletzt online waren (und natürlich auch man selbst). Deaktivieren lässt sich das nicht.

Futter für den E-Book-Reader: netzpolitik.org verschenkt seinen Sammelband „Überwachtes Netz. Edward Snowden und der größte Überwachungsskandal der Geschichte“:

Wir verschenken jetzt das Buch in digitaler Form, weil wir wollen, dass die wichtigen und spannenden Inhalte viele Menschen erreichen. Mit dem Verschenken wollen wir auch die dringend notwendige Debatte über die Folgen am Leben erhalten. Wir haben viel Arbeit in das Projekt gesteckt. Wenn Euch die Inhalte etwas wert sind, freuen wir uns über eine Spende zur Unterstützung unserer Arbeit.

Meist muss man ja schon froh sein, wenn die Kassierer im Supermarkt soweit mitdenken, einem zuerst die Tüte einzuscannen, damit man schon mal packen kann und den Verkehr nicht allzu lange aufhält. Umso erstaunter war ich gestern, als mir die nette Kassiererin die Tüte nicht nur als erstes gegeben sondern zuvor auch noch geöffnet hat! Ich muss bei Gelegenheit mal testen, ob dieser spezielle Service allen Kunden zuteil wird oder ob die nette Kassiererin zu mir einfach nur besonders nett war? wink

(Die Älteren erinnern sich vielleicht noch daran, dass es früher mal zwei getrennte Bereiche an den Kassen gab, so dass ein Kunde in Ruhe einpacken konnte, während der nächste schon abkassiert wurde. Da stellte sich das Problem natürlich gar nicht erst, aber ich wollte hier ja nicht meckern.)

In den letzten Tagen bin nur dazu gekommen, mir das eine oder andere Lesezeichen zu setzen und bin dann von der Edathy-Geschichte etwas überrollt worden. Einen Aspekt will ich hier dann aber doch noch notieren, weil ich mir da eine gewisse Schadenfreude nicht verkneifen kann: Sebastian Edathy stolperte über den Gummiparagraph, den er selbst maßgeblich mit zu verantworten hat. Kommt ja selten genug vor, dass Politiker mal ihre eigene Medizin kosten.

Ansonsten ist die ganze Angelegenheit natürlich skandalös: Da schließt die Staatsanwaltschaft aufgrund der Bestellung bei uns legaler Bilder messerscharf, dass Edathy womöglich auch Interesse an härterem Material haben und in dessen Besitz sein könnte. Eine reine Mutmaßung! Als Indiz dafür muss dann sein konspiratives Vorgehen reichen:

Für die Downloads des verdächtigen Materials habe Edathy verschiedene IP- und Mail-Adressen benutzt, darunter sei auch eine Multiuser-Adresse des Bundestags gewesen.

Verschiedene IP- und Mail-Adressen? Da gehe ich mich am besten gleich mal selbst anzeigen. Auch meine IP-Adresse wechselt täglich, und wann ich über die von mir im Internet verwandten Mail-Adressen den Überblick verloren habe, weiß ich schon gar nicht mehr. Es kommt aber noch schlimmer: Im Gegensatz zu Edathy – der seine Bilder ganz konspirativ mit der eigenen Kreditkarte gezahlt hat – nutze ich auch noch bevorzugt anonyme Zahlungsmethoden. Bisher dachte ich allerdings, dass das sinnvolle und normale Maßnahmen zum Schutz der Privatsphäre im Internet sind. Falsch gedacht. *schuhezubind*

Erfreulich ist noch, dass Hans-Peter „Supergrundrecht“ Friedrich zurückgeteten wurde, weil er als damaliger Innenminister dem Gabriel in den Koalitionsverhandlungen gesteckt hat, dass gegen Edathy ermittelt wird. Der konnte seinen Mund dann offensichtlich auch nicht halten, und wer weiß, wer da noch alles auf der Strecke bleibt. Die „strategischen Porpcornreserven“ (Fefe) sind gefüllt. Ob ich die wohl in U-Haft mitnehmen darf?

Die ARD hat Jörg Kachelmann zu einer Talkshow mit dem Thema „Gesellschaftsspiel Klatsch“ eingeladen. Und der hat auf seinem Blog öffentlich und deutlich abgesagt:

Diese Feigheit vor der Unschuld ist mitverantwortlich für meine heutige Situation. Manche Menschen denken: Welcher Arbeitgeber würde einen langjährigen Mitarbeiter fallenlassen, wenn da nichts dran wäre. Das ist zwar eine falsche Kombination, denn die Menschen kennen nicht wie ich die Voraussetzungen, die man haben muss, um in der ARD nach ganz oben zu kommen: Feigheit, Mittelmässigkeit, Verschlagenheit und eine sabbernde Lust, auch irgendwie zu den Grossen dazuzugehören, können nicht schaden – das heutige Programm der Mut- und Lustlosigkeit ist ein treues Abbild. Damit zusammenwächst, was zusammengehört, sind Bild und Bunte dabei, wenn Jauch einen Weinberg hat, Pilawa in Afrika ist und Hofer einen Käfer hat.

(via >b’s weblog)