Roger Willemsen im Interview auf die Frage, warum sich auch die liberale Öffentlichkeit gegen die Unschuldsvermutung in Hinblick auf die Guantanamo-Häftlinge sperrt:
Weil das antimuslimische Ressentiment flächendeckend geworden ist. Ein Gewürzhändler war am falschen Tag am falschen Ort, wird von den Taliban angeschossen und dann von Kopfgeldjägern nach Guantánamo verschleppt – aber niemand gesteht ihm Unschuld zu. Da muss man von Propaganda sprechen. Es tut mir Leid, ich würde gerne mit etwas weniger Emotion über diese Sache reden, aber solches Ressentiment auch hierzulande arbeitet daran mit, dass so etwas wie Guantánamo möglich ist. Die Tatsache, dass das Lager bis heute besteht, zeigt, dass Politik und Öffentlichkeit nicht genug getan haben.
Und zur Rolle der (deutschen) Medien:
Blockade ist zu viel gesagt. Aber im Vergleich zu dem, was der Guardian, BBC, Chanel 4 über Guantánamo berichtet haben, blieb das, was ARD, ZDF, der Spiegel und der Stern gemacht haben, deutlich unter den publizistischen Möglichkeiten. Schlüsselfragen, wie etwa die deutsche Beteiligung an Verhören müssten deutsche Journalisten doch brennend interessieren. Radikalität ist die einzige humane und diskutable Haltung gegenüber diesen Lagern. Diese Radikalität sehe ich fast nirgends.
Zum Stichwort „antimuslimisches Ressentiment“ passt dann auch das Thema der letzten Episode der Lindenstraße (Auftauen):
Gabi ist sprachlos. Sie hat erfahren, dass Timo zum Islam konvertiert ist. Andy sieht in der religiösen Orientierung seines Sohnes kein Problem. Das ändert sich schlagartig, als Gabi in Timos Sachen eine Anleitung zum Bau einer Bombe findet …