Nix im Fernsehen? Dann empfehle ich die 1956er-Verfilmung von Orwells „1984“. Die neuere mit John Hurt habe ich für einen direkten Vergleich nicht mehr präsent genug, aber spontan gefällt mir diese hier sogar besser. Edmond O’Brien überzeugt mich als Winston Smith auf ganzer Linie und auch Schwarzweiß tut der Dystopie sehr gut. (Kann natürlich auch einfach daran liegen, dass ich Schwarzweißfilme generell gerne mag und mich immer freue, Donald Pleasence zu sehen.) 

Well played, CSU! Nun ist endlich raus, worum es bei der sinnfreien Idee mit der Ausländer-Maut eigentlich ging – und die Einnahmen von 500 Millionen Euro sind es nicht. Dobrindts Maut soll nämlich nicht mehr per Vignette sondern durch flächendeckende Kennzeichenerfassung kontrolliert werden. Das geht bisher ja nur für LKW, und jetzt kommen sogar die Bundesstraßen schon mal mit ins Gesetz.

Und plötzlich macht auch die Idee der Herdprämie Sinn, hat sie doch die Aufmerksamkeitsschwelle für absurdeste CSU-Pläne erfolgreich gesenkt. Widerliches Pack – bei sowas können sie auf einmal über die Legislaturperiode hinaus denken. Keine mildernden Umstände!

Bei der Nicht-Aufklärung der NSU-Morde wurde massiv rastergefahndet. So wurden 32 Millionen Handy-, Bank- und Autovermietungsdaten erhoben sowie 900.000 Haft-, 300.000 Hotel- und 100.000 Verkehrsdaten. Da muss wohl nicht nur ich an die Worte von Heribert Prantl zum Verfassungsschutz denken:

Entweder er hat von den Neonazi-Morden nichts gewusst – dann ist er überflüssig. Oder er hat davon gewusst und nichts dagegen getan – dann ist er gefährlich.

Thomas Stadler hat Neuigkeiten zum Bayerntrojaner: Die Software wurde mindestens in einem Fall auch nach dem Beschluss des Landgerichts Landshut mit der verbotenen Screenshot-Funktion weiter genutzt und die Anschaffung schlug mit sportlichen 400.000 Euro zu Buche.

Dazu passend hat der AK Vorrat heute einen „Leitfaden zum Datenzugriff“ (PDF) der Generalstaatsanwaltschaft München veröffentlicht, der zeigt, was für die Ermittler an Überwachungsmaßnahmen so alles möglich ist, und dass die rechtlichen Vorgaben dabei mitunter recht weit ausgelegt werden. Das ist nicht überraschend, aber in den Details interessant. Udo Vetter hat sich das Dokument auch schon vorgenommen.

Dass es eine klasse Idee ist, möglichst viele Daten zentral zu sammeln und dann mit anderen Ländern zu tauschen, konnten wir unlängst wieder beim SWIFT-Abkommen mit den USA sehen.

Ein ähnlich erfolgreiches Modell ist der Austausch von Fluggastdaten mit den USA und anderen Ländern (sog. PNR-Abkommen von Passenger Name Record). Dieses Modell will die EU nun auch auf innereuropäische Flüge ausweiten und eine neue Grundlage für den Austausch mit anderen Ländern schaffen.

A propos Grundlage: Das Abkommen mit den USA hat der Europäische Gerichtshof vor fast 5 Jahren für nichtig erklärt, das mit Kanada in 2009. Lebten wir in einem Rechtsstaat, würden derzeit also gar keine Daten getauscht. So wird das Abkommen seitdem einfach „vorläufig angewandt“.

Gute Nachrichten für die Briten – wenn es denn tatsächlich so kommt: Die neue Regierung will den Überwachungsstaat schleifen:

Konkret geplant ist laut dem schwarz-gelben Koalitionsvertrag ein „Freiheits- oder Großes Aufhebungsgesetz“. Stoppen wollen Tories und Liberale die Einführung eines Personalausweises für alle Bürger, das nationale Melderegister, die nächste Generation biometrischer Pässe und eine Anti-Terror-Datenbank zur Erfassung von Kontaktpersonen. Die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Internet- und E-Mail-Verbindungsdaten soll beendet werden. Die Protokollierung von Nutzerspuren in diesem Bereich sei nur noch „mit gutem Grund“ durchzuführen, heißt es in dem Fahrplan. Die Ausweitung der einjährigen Vorratsdatenspeicherung durch Telefongesellschaften auf Internetanbieter hatte vor einem Jahr heftige Proteste ausgelöst. Mit der neuen Ansage stemmt sich Großbritannien gemeinsam mit einer Reihe anderer EU-Länder gegen die umkämpfte EU-Richtlinie zur anlasslosen Erfassung von Telekommunikationskontakten.

Die britische Koalitionsregierung will zudem die Erfassung von Fingerabdrücken an Schulen etwa für den Einsatz biometrischer Systeme ohne Einwilligung der Eltern verbieten. Das britische Informationsfreiheitsgesetz, der Freedom of Information Act, soll ausgeweitet werden und „größere Transparenz“ schaffen. Die zuletzt von den Konservativen mitgetragene DNA-Datenbank wollen die Koalitionäre nach schottischem Modell einschränken und stärkere Schutzvorkehrungen treffen. Videoüberwachung per „Closed Circuit Television“ (CCTV) soll „stärker reguliert“ werden. Weiter wollen die Konservativen und die Liberaldemokraten „Absicherungen gegen den Missbrauch der Anti-Terror-Gesetzgebung“ einführen, die Meinungsfreiheit gesetzlich besser absichern und die Rechte für nicht-gewalttätigen Protest „wiederherstellen“. Nicht zuletzt soll ein neues Verfahren verhindern, dass unnötige Strafvorschriften überhand nehmen.

oktoberfestZu dieser Meldung muss ich Fefe mal vollumfänglich zitieren – treffender kann man es wohl nicht kommentieren:

In Bayern haben sie mal eben zwei angebliche Islamisten festgenommen. Einfach so. Nicht weil die etwas getan hätten oder so. Nein. Es gab angeblich Terrordrohungen gegen das Oktoberfest, und da nehmen sie dann halt die üblichen Verdächtigen einfach fest. Unschuldsvermutung? Polizeiarbeit? Fehlanzeige. Bei uns findet einfach „präventiv“ ein Freiheitsentzug statt. Freiheitsentzug! Wir reden hier von einem so groben Eingriff in die Menschenwürde, dass es im Strafrecht nur bei schweren Verstößen überhaupt in Frage kommt. Aber die Polizei in Bayern (und diversen anderen Bundesländern auch, macht euch da mal nichts vor) kann einfach so Leute, die nichts getan haben, ohne auch nur einen Verdacht zu haben, dass die etwas getan haben oder auch nur Hinweise vorzeigen können, dass die etwas zu tun planen, ihrer Freiheit berauben.

In so einem Land leben wir.

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Nach „Du bist Terrorist“ hat Alexander Lehmann einen neuen Kurzfilm veröffentlicht. Diesmal geht es um die Politik der Bundesregierung zu den Internetsperren. Auf der Seite zum Film gibt es viele Erklärungen und Belege zu den einzelnen Szenen – damit man nicht am Ende noch eine der vielen schönen Anspielungen versäumt…

soldat.bundeskanzleramt.300pxDie CDU fällt mal wieder mit der Forderung nach dem Einsatz der Bundeswehr im Inneren unangenehm auf. Aktueller Fall ist der hessische CDU-Generalsekretär Peter Beuth und das Thema natürlich wieder der Kampf gegen den Terror:

Wir können es uns nicht leisten, gewisse Sicherheitsrisiken in Kauf zu nehmen und das Potenzial der Bundeswehr ungenutzt zu lassen.

Welches Potential eigentlich? Zum Abschuss von Passagiermaschinen hat das Bundesverfassungsgericht bereits geurteilt und ich wüsste nicht, was die Bundeswehr sonst gegen Terrorismus tun könnte, was die Polizei nicht schafft. Sinn ergibt die Forderung nur, wenn man andere Motive in Betracht zieht, so wie Jürgen Rose in einem Interview vor zwei Jahren:

Ich habe das schon 2005 „Antreten zum Klassenkampf“ genannt. „Terrorismus“ ist ein Tarnbegriff, der gebraucht wird, um die gewaltsame Durchsetzung der Globalisierung zu legitimieren. „Terrorist“ ist heute jeder, der gegen die etablierten Macht-, Wirtschafts- und Besitzverhältnisse angeht. Nicht nur gewaltsam, sondern auch schon verbal. Das ist eine uferlose Ausdehnung des Terrorismusbegriffs. Offenbar befürchtet man, daß die Bevölkerung irgendwann rebellisch wird und die Villen in den Vorstädten brennen. Für diesen potentiellen Bürgerkrieg will man vorbeugen.

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Dass es bei den Internetsperren nicht um den Kampf gegen Kinderpornographie geht, war ja leider von Anfang an klar. Dass nun aber Zensursula selbst eine Ausweitung fordert, noch bevor das Gesetz überhaupt in Kraft getreten ist, überrascht mich nun doch:

Mir geht es jetzt um den Kampf gegen die ungehinderte Verbreitung von Bildern vergewaltigter Kinder. Der Straftatbestand Kinderpornografie ist klar abgrenzbar. Doch wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann. Wo die Würde eines anderen verletzt wird, endet die eigene Freiheit. Welche Schritte für den Schutz dieser Grenzen notwendig sind, ist Teil einer unverzichtbaren Debatte, um die die Gesellschaft nicht herumkommt.

Ich möchte gar nicht wissen, was für Frau von der Leyen das „richtige Maß“ an Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde ist. Dass sie hierfür überhaupt ein solches finden will, spricht Bände. Zum Internet als rechtsfreiem Raum und Zensursulas Rechtsverständnis hat Udo Vetter die passenden Worte gefunden.

tower_bridge.400pxAnlässlich der Olympischen Spiele 1984 2012 in London, gönnen sich die Überwachungsfanatiker in Großbritannien ein paar krasse Befugnisse. Hausdurchsuchungen zur Beschlagnahme von Protestplakaten inklusive:

The government was accused tonight of giving itself draconian powers to clamp down on protests at the 2012 Olympics. Critics said the powers were so broad they would potentially give private contractors the right to forcibly enter people’s homes and seize materials.

[…]

But civil rights campaigners are worried about several clauses in the London Olympic Games and Games Act 2006. Section 19(4) could cover protest placards, they said, as it read: „The regulations may apply in respect of advertising of any kind including in particular – (a) advertising of a non-commercial nature, and (b) announcements or notices of any kind.“

(via)

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Oskar Günther

Interessanter Bericht eines §129a-Opfers. Offenbar hat der Verfassungsschutz 1998 das Protokoll eines nie geführten Gesprächs als Beweismittel verwandt, um eine Telefon- und Briefüberwachung gegen Wolf Wetzel zu begründen. Und der Name des V-Manns, der das Gespräch fingiert mitgehört haben will, ist ausgerechnet „V-Mann 123“. Warum nicht gleich Max Mustermann?

In einem zweiten Artikel berichtet Wetzel vom Prozess vor dem Verwaltungsgericht Berlin, dass die Maßnahmen nun für rechtswidrig erklärt hat. Ob es nur die Glaubwürdigkeit der Aussage von V-Mann 123 anzweifelt, oder auch seine Existenz in Frage stellt, lässt sich dem mündlichen Urteil nicht entnehmen. Auf die schriftliche Begründung bin ich gespannt.

(via)

Nachdem sich die CIA im Rahmen des Terrorist Finance Tracking Program ja bereits fleißig an den Daten der SWIFT bedient hat, will nun auch die EU Zugriff auf die internationalen Zahlungsverkehrsdaten:

Dieses neue Rechenzentrum soll die Daten des europäischen Zahlungsverkehrs spiegeln, der im niederländischen Zouterwoude abgewickelt wird. Die dort anfallenden Daten werden bislang im US-amerikanischen Culpeper gespiegelt. Der anhaltende Zugriff von US-Behörden auf diese Daten war der Swift ein Dorn im Auge. Bereits im vergangenen Oktober entschloss sich die Genossenschaft, die EU-Daten dem Zugriff der amerikanischen Behörden zu entziehen. Nun plant die EU laut dem Bericht, die Informationen zu Fahndungszwecken selbst auszuwerten, um sie auf Anfrage den US-Fahndern zur Verfügung zu stellen. In einem zweiten Schritt sei ein eigenes Antiterrorprogramm nach dem Vorbild der USA geplant.

Update: Auf die EU ist Verlass. Nach Plänen den Kommission soll die CIA dauerhaft die europäische Bankverbindungsdaten abrufen können. Das bisherige Vorgehen soll damit legalisiert werden. Wir müssen da schleunigst raus.

In einer Kleinen Anfrage (PDF) von Bündnis 90/Die Grünen wird ein internes Papier des Innenministeriums zum geplanten Ausbau der gemeinsamen Abhörzentrale von BND und BKA zitiert. Dort heißt es:

Damit eine solche Behörde auch mit den immer stärkeren Internationalisierung der Telekommunikation umzugehen vermag, wird auch über neue Wege zur Verknüpfung der Methode der inländischen TKÜ mit der internationalen TKÜ (BND-Fernmeldeaufklärung) nachzudenken sein. Vorbilder einer solchen Behörde könnten die amerikanische National Security Agency (NSA) oder das britische Government Communication Headquarter (GCHQ) sein. Aufgrund der politischen Sensibilität einer neuen deutschen ‚Überwachungsbehörde‘ erscheint ein schrittweises Vorgehen zur Umsetzung unter enger Einbindung der Länder angezeigt (…) [A]ls angemessenen Reaktion auf die zukünftige Vielfalt der TK-Dienste könnte durchaus eine neue Bund/Länderbehörde erforderlich sein.

(via)

president's_surveillance_programDas hat realsatirische Züge: Heise berichtet über einen kürzlich vorgelegten und teilweise veröffentlichten Untersuchungsbericht zum geheimen NSA-Überwachungsprogramm:

Das von der Bush-Regierung im Umfeld des 11. September 2001 gestartete und angeblich teils weiter aktive heimliche Überwachungsprogramm der National Security Agency (NSA) war zu geheim, um im Rahmen der Terrorismusbekämpfung eine effiziente Rolle zu spielen.

Und weiter:

Mit der von der Bush-Regierung immer wieder betonten Effektivität der Überwachung der gesamten Telekommunikation ist es dem Report zufolge nicht weit her. Die meisten dafür befragten Geheimdienstmitarbeiter räumten gegenüber den Kontrolleuren ein, dass sie „Schwierigkeiten“ hätten, konkrete Fälle zu nennen, in denen das ausufernde Programm zum Abhören von internationalen Telefonaten oder zur Auswertung von Verbindungsdaten ohne richterliche Anordnung zu einem Erfolg im Kampf gegen Terroristen beigetragen habe.