Richard David Precht hat diese Woche bei Anne Will sehr schön das Procedere der Nominierung von Joachim Gauck als Kandidat für das Bundespräsidialamt zusammen gefasst. Ein etwas längliches Zitat, aber die Sendung (bei 0:41:44) wird ja vermutlich bald wieder depubliziert:

Ich habe gerade gehört, das sei ein Siegeszug für die Demokratie. Also jetzt gucken wir uns das Ganze doch mal bei Licht an: Da steht die FDP vor dem Abgrund. Rösler spielt eine Rolle, die er bislang noch nie spielen hat können: steht aufrecht da, steht zu einem Kandidaten, der auch ein gewisses liberales Profil hat. Die Kanzlerin brüllt durchs Kanzleramt, weil sie den Mann um nichts in der Welt haben will. Die SPD und die Grünen, die ihn beide eigentlich nicht mögen und die ihn nur zum Ärgern nominiert haben, können nicht anders, als ihn nochmal aufzustellen. Vor der Linkspartei wird die Tür zugeschlossen.

Dann wird eine Pressekonferenz einberufen, der noch immer verschwitzte, ungewaschene Gauck wird ins Kanzleramt zitiert. Dann sitzt man nebeneinander, die Kanzlerin macht ein Gesicht als hätte sie was Verfaultes im Mund, verschränkt ihre Patschhändchen, um dann anschließend zu sagen, dass das ein guter Kandidat wäre. Und über diesem ganzen Schmierentheater steht „Repräsentative Demokratie“. Die meisten Bürger denken, dass es nicht mehr zeitgemäß ist, auf diese Art und Weise einen Kandidaten überhaupt zu benennen.

Warum sollen eigentlich die Parteien in ihren Klüngeleien darüber  entscheiden, wer der formal höchste Mann im Staat ist? Und warum soll der abhängig bleiben vom Gutdünken der formal zweithöchsten Dame im Staat, nämlich von der Kanzlerin? Und wir müssen gründlich darüber nachdenken: wie viel Souveränität kann ein Bundespräsident, wenn er  nicht das Format von Joachim Gauck hat, sondern jemand wie Wulff oder jemand anders, eigentlich haben, wenn er auf diese Art und Weise ins Amt geklüngelt wird. Das ist im Jahr 2012 nicht mehr zeitgemäß.

Und welches Format Gauck genau hat, hat der Hintergrund näher beleuchtet. Außerdem gibt es auch eine umfangreiche Linksammlung.

Eine Hausdurchsuchung im Bundespräsidialamt, ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal lesen muss, auch wenn es nur um das alte Büro von Glaeseker ging. Dazu der FDP-Bundestagsabgeordnete Erwin Lotter:

Staatsanwaltschaft und Polizei haben Anlass, Deutschlands erste Adresse zu durchsuchen, der Hausherr aber bleibt wieder einmal sprachlos. Man fragt sich, ob der prominente Mieter in Bellevue noch irgendetwas vom realen Leben draußen mitbekommt oder sich schon im Panikraum des Schlosses verschanzt hat.

Da hat der eine oder die andere geschwänzt: Schwund beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten. Die SPD hat mit Wowereit nur ihren Vize gesandt, die Grünen sind gar nicht gekommen. Sogar McAllister ließ sich vertreten, der Deutsche Journalistenverband und Transparency International boykottierten den Empfang komplett. Und erste CDU-Abgeordnete legen Wulff mittlerweile auch offen einen Rücktritt nahe.

Auch anderer Stelle gibt es Schwund: Fefe wurde zugetragen, dass in Berliner Behörden reihenweise die Portraits des Bundespräsidenten von den Wänden verschwinden.

Schwarz-Geld hat schon einen Plan B Plan C für den Rücktritt des Bundespräsidenten. Offiziell wird das natürlich dementiert, ich halte es aber dennoch für plausibel, weil alles andere naiv wäre und die gehandelten Namen ernsthafter werden: Norbert Lammert und Klaus Töpfer. Vor drei Wochen wurde noch über Schäuble spekuliert.

Derweil hat Die Linke eine Präsidentenklage angeregt, wenn die Mailbox-Nachricht eine versuchte Nötigung belege. Dies könnte ein Viertel der Bundestagsabgeordneten beantragen, wobei die anderen Oppositionsparteien derzeit aber nicht mitziehen würden. Schwarz-Geld würde allerdings aus der Duldungsstarre gezwungen.

Update: Katrin Göring-Eckardt

Unter diesem Titel kommentiert Hans-Jürgen Maurus auf tagesschau.de das Geschachere um das Amt des Bundespräsidenten und wartet mit einem schönen Vorschlag auf:

Wieso erdreisten sich die Regierungsspitzen – gewissermaßen im parteipolitischen und parteitaktischen Alleingang – den ersten Mann des Staates, das Staatsoberhaupt, in einer Undercover-Operation auszumauscheln? Das ganze ohne Transparenz. Dabei hat jedes Mitglied der Bundesversammlung das Recht, einen eigenen Kandidaten schriftlich vorzuschlagen. Wäre doch schön und vielleicht richtig spannend, wenn wenigstens ein dutzend der über tausend Mitglieder den Mumm hätten, von ihrem demokratischen Recht Gebrauch zu machen, anstatt nur abzunicken, was man ihnen vorsetzt. Soviel Demokratie darf schon sein, oder?