Da sich unsere geliebten Volksvertreter ja beharrlich weigern, mal das Wahlrecht vernünftig zu reformieren, gönnen sie sich dank Ausgleichsmandaten mit 709 Abgeordneten nun das zweitgrößte Parlament der Welt – hinter China und vor Nordkorea.

Zeit, eine Obergrenze für Abgeordnete bzw. deren Diäten einzuführen, meint deshalb die PARTEI. Wenn es mehr sind als vorgesehen, müssen die sich halt die Diäten aufteilen. Eine gute Idee. Dann können sie auch gerne so weiter machen. wink Merksatz:

Die Ausgaben für ein Parlament gehören Holznagel zufolge zwar „selbstverständlich zu den Betriebskosten einer demokratischen Grundordnung“ – aber „mehr Abgeordnete, bedeuten nicht automatisch mehr Demokratie oder bessere Ergebnisse“.

*sing* Die PARTEI, die PARTEI, die hat immer recht ….

Update: Noch ein paar wichtige Obergrenzen

Ströbele fällt ja immer mal wieder mit vernünftigen Forderungen und Ansichten auf und aus der Fraktionslinie der Grünen raus. Beliebt macht er sich dabei nicht, muss er aber als einzig direkt gewählter Grüner ohne Bedarf an einem guten Listenplatz auch nicht.

Nun hofft seine Partei diesmal trotzdem, dass er es der 77-Jährige nochmal macht. Sonst könnte nämlich Alexander Gauland die Eröffnungsrede als Alterspräsident des Bundestages halten.

Wenn Ströbele nicht noch einmal antritt, bin ich schon gespannt auf die politischen Ü75-Newcomer, die wir nächstes Jahr auf den vorderen Listenplätzen kennenlernen werden.

Das Bundesverwaltungsgericht hat entschieden hat, dass der Bundestag eine „informationspflichtige Behörde“ ist und Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes nicht grundsätzlich unter Verschluss halten darf.

Bislang war man im Bundestag der Ansicht, derartig nachgefragte Gutachten seien von der freien Mandatstätigkeit umfasst und daher nicht öffentlich. Andernfalls entstünde eine „Schere im Kopf“, die etwa Abgeordnete etwa von naiven Fragen abhalte.

Na hoffentlich nicht. smile

Roger Willemsen hat ein Jahr lang die Debatten im Bundestag beobachtet und ein Buch darüber geschrieben. Auf Telepolis hat er dazu ein Interview gegeben:

Ich kann nicht sagen, dass ich im Bereich des Demagogischen, Polemischen und Ironischen besonders gefordert worden wäre und auch die Kanzlerin hält, wo es nicht um Fachfragen geht, am Liebsten – wie bei der Neujahrrede – Ansprachen, die einen Zehnjährigen geistig nicht überfordern würden.

Von wegen „Staatsoberhaupt“. Zumindest das hat er gleich zu Beginn seiner Predigt klargestellt:

Aber die Einladung zu dieser Rede gilt mir als Papst, als Bischof von Rom, der die oberste Verantwortung für die katholische Christenheit trägt. Sie anerkennen damit die Rolle, die dem Heiligen Stuhl als Partner innerhalb der Völker- und Staatengemeinschaft zukommt.

Hält natürlich niemanden davon ab, weiterhin die Lüge zu verbreiten, er sei ja als Staatsoberhaupt des Vatikan in den Bundestag eingeladen worden.

Update: Es ist ja nicht alles Unsinn, was er so erzählt. Nur hat hat er das dann eben leider nicht vor dem Bundestag gesagt:

Die von materiellen und politischen Lasten und Privilegien befreite Kirche kann sich besser und auf wahrhaft christliche Weise der ganzen Welt zuwenden, wirklich weltoffen sein.

Wenn der Papst am 22. September den Bundestag missioniert, sind die Reihen der Verräterpartei fest geschlossen. Zwar werden SPD-Abgeordnete durch Abwesenheit gegen die Rede des letzten absoluten Monarchen Europas vor dem Bundestag protestieren, leere Plätze sollen aber durch eigens zu diesem Zweck eingeladene Ex-Parlamentarier aufgefüllt werden. Und da überlässt die Fraktionsführung nichts dem Zufall:

Um den Bedarf zu ermitteln habe SPD-Fraktionsgeschäftsführer Christian Lange am Donnerstag eine verbindliche schriftliche Anwesenheitsumfrage unter den aktiven SPD-Parlamentariern gestartet.

(via)

Update: Angeblich fußt das Ganze auf einer Übereinkunft aller Fraktionen, auch wenn ich mir nicht so recht vorstellen kann, dass die Linkspartei das mitträgt.

Religionsführer mögen gerne in ihren Gotteshäusern zu ihren Gläubigen predigen, vor einem demokratischen Parlament haben sie nichts verloren. Das gilt auch für den Papst, auch wenn das im Bundestag leider anders gesehen wird. Und so wird am 22. September der Vertreter Gottes auf Erden zu den ganz und gar weltlichen Vertretern des deutschen Volkes hinabsteigen sprechen.

Das ist umso schlimmer, als Abgeordnete mit Abzügen von ihren Diäten bestraft werden, die der Veranstaltung fernbleiben. Dagegen richtet sich nun eine unterstützenswerte Petition.

Dass dem Grundgesetz im politischen Alltag leider keine besonders große Bedeutung zukommt, ist nicht neu. Was der CSU-Bundestagsabgeordnete Peter Gauweiler jetzt aber in einer Antwort auf Abgeordnetenwatch über die Abstimmungspraxis in seiner Fraktion offenbart hat, überrascht mich dann doch:

Laut Artikel 38 des Grundgesetz sind die Abgeordneten des Deutschen Bundestag ausdrücklich „an Aufträgen und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. In der parlamentarischen Praxis dominiert (dennoch) inzwischen die sogenannte Fraktionsdisziplin. So werden beispielsweise vor wichtigen Abstimmungen von der Fraktion „Probeabstimmungen“ durchgeführt, um das voraussichtlich Abstimmungsverhalten bereits im Vorfeld einzuschätzen. Zusätzlich muss jeder Abgeordnete nach seiner Fraktionsordnung einen Tag vor der Abstimmung schriftlich anzeigen, wenn er bei der Abstimmung von der Fraktionslinie abweichen will.

Abgeordnetenwatch hat die Parlamentarischen Geschäftsführer der Bundestagsfraktionen um Stellungnahmen dazu gebeten, die im Blog veröffentlicht werden sollen.

(via)