Dem NSU-Untersuchungsausschuss in Baden-Württemberg ist der fünfte Zeuge weggestorben. Ob Corinna B. auf natürliche Weise ums Leben kam, ist noch unbekannt. Und wir es wohl auch bleiben. 

Eine rechtsmedizinische Untersuchung ist allerdings nicht mehr möglich. Die Tote wurde bereits eingeäschert. Wer das entschieden hat, ist eine der Fragen, die zu beantworten sind. 

Die Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt doch gegen den Verfassungsschützer, der nach dem Auffliegen des NSU schnell die Akten schreddern ließ. Wegen Urkundenunterdrückung und Verwahrungsbruch – habe ich beides noch nie gehört. Dafür musste er sich aber auch richtig ins Zeug legen:

Einige Tage später fand eine Sachbearbeiterin laut dem Abschlussbericht zufällig noch Akten, die zu jenen gehörten, die bereits zerstört worden waren. Die Frau habe Lingen den Ordner mit zwei Schnellheftern vorgelegt, woraufhin er gesagt habe: „Ja, dann müssen wir das auch noch mit vernichten.“ Und das, obwohl er in einer Mail vorher auf die Anordnung der BfV-Leitung hingewiesen hatte.

Der Mord in Kassel 2006 – „betreutes Morden“? Zum zehnjährigen Gedenken an Halit Yozgat

Der Mord in Kassel weist zwei Besonderheiten auf: Zur Tatzeit war der hessische Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme am Tatort in einem Internet-Café – angeblich ganz privat. Ein Verfassungsschutzmitarbeiter, der den Spitznamen ›Klein-Adolf‹ trug, einen ortsbekannten Neonazi als V-Mann ›führte‹, mit dem er am Mordtag in telefonischem Kontakt stand. Und es gibt eine weitere Besonderheit: Nach dem Mord an dem Besitzer des Internet-Cafés Halit Yozgat bricht die rassistische Mordserie ab. Aus der Logik der Täter ist dies nicht zu erklären. Es können nur andere Umstände sein, die dafür ausschlaggebend waren: die»Kasseler Problematik«, vor der Temmes Vorgesetzte gewarnt hatte, in der er »ein bisschen drinstreckt«?

[Nachdenkseiten]

NSU-Skandal: Brandenburger Verfassungsschutz verhinderte Festnahme des NSU-Trios

Das Innenministerium in Brandenburg hat offenbar 1998 die Festnahme der Terrorgruppe NSU verhindert. Im Landtag wird nun ein Untersuchungsausschuss wahrscheinlich. Selbst die Linken, die mitregieren, fordern Aufklärung.

[Tagesspiegel]

Was soll denn „selbst die Linken“ schon wieder heißen? Die Linke gab es zu der Zeit noch gar nicht. Und auch die PDS war nur in der Opposition.

Von einem V-Mann, der dem Verfassungsschutz 200.000 Mark wert war:

Computer, Handys und ein stattliches Honorar: Der frühere V-Mann und Thüringer Neonazi Tino Brandt offenbart im NSU-Prozess, wie spendabel der Verfassungsschutz ihn versorgte. Erst dadurch hätten seine Kameraden bundesweite Bedeutung erlangt.

Außerdem soll ihn das Bundesamt vor Hausdurchsuchungen gewarnt, seine Anwaltskosten bezahlt und ihn mit einer Antifa-Zeitschrift versorgt haben. Eben das Rundum-Sorglos-Paket.

Es gibt Neuigkeiten von den Zwickauer Terrornazis. Weder Böhnhardt noch Mundlos hatten Rußpartikel in der Lunge, wie der jetzt dem Thüringer NSU-Untersuchungsausschuss vorliegende Obduktionsbericht der beiden Uwes belegt. Das passt dummerweise so gar nicht zur offiziellen Selbstmord-Theorie, mit der Ziercke also dreist gelogen hat:

Der Terrorist Uwe Mundlos hat nach Ermittlungen der Polizei seinen Neonazi-Kameraden Uwe Böhnhardt am 4. November in dem Wohnmobil im thüringischen Eisenach mit einem aufgesetzten Kopfschuss getötet. Dann legte Mundlos Feuer und erschoss sich mit der selben Waffe selbst. Dies belege die Tatsache, dass bei der Obduktion nur in der Lunge von Mundlos Rußpartikel des Feuers gefunden wurden, sagte BKA-Präsident Jörg Ziercke am Montag in Berlin.

Was da noch alles nicht stimmt, hat Fefe heute verlinkt.

Der „Thüringer Heimatschutz“ hatte Hilfe von einem Polizisten, der seinen Nazi-Freunden von Geheimaktionen der Polizei erzählt hat. Das hat auch das Bundesamt für Verfassungsschutz mitbekommen und seine Thüringer Kollegen informiert. Das war 1999. Zweimal. Und wie entwickelt sich die Karriere eines „national eingestellten“ Polizisten weiter, der es mit Dienstgeheimnissen nicht ganz so genau nimmt? Richtig, der Mann wurde zum Thüringer Verfassungsschutz versetzt:

Dort habe er von September 2010 bis Ende 2011 gearbeitet – ausgerechnet „als V-Mann-Führer“ in der Szene, wie das Innenministerium einräumt. Erst nach dem Auffliegen der Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ sei er versetzt worden.

Zwei Polizisten aus dem Ländle waren Mitglieder bei den rassistischen Kaputzenspinnern vom Ku Klux Klan. Der hatte zumindest bis 2002 eine Niederlassung in Deutschland, und die beiden waren Kollegen der vom NSU ermordeten Michèle Kiesewetter.

Gleichzeitig behaupteten die Polizisten aber, sie hätten nicht geahnt, dass der Geheimbund rassistisch und voller Neonazis sei. Als ihnen das aufgefallen sei, seien sie ausgetreten. Von einer „vorübergehenden Fehlorientierung“ war die Rede.

Kaum ist man eine Woche weg, gibt es gleich zwei Neuigkeiten zur NSU-Löschaktion beim Verfassungsschutz: Zuerst erklärt Peter Schaar als oberster Datenschützer, dass die Akten gar nicht gelöscht werden mussten. Hierfür gebe es keine Verpflichtung, also auch keine Fristen. Und dann erfahren wir, dass es eine Löschorder aus dem Bundesinnenministerium gab – zehn Tage nach dem Auffliegen der Nazis. Und die erste Begründung? Speicherfristen. facepalm

Lacher des Tages: Helmut Roewer erklärt, wie er Präsident des Thüringer Verfassungsschutzes wurde:

Es war an einem Tag nachts um 23 Uhr, da brachte mir eine unbekannte Person eine Ernennungsurkunde vorbei, in einem gelben Umschlag. Es war dunkel, ich konnte sie nicht erkennen. Ich war außerdem betrunken. Am Morgen fand ich den Umschlag jedenfalls noch in meiner Jacke.