Auch Europol hat noch ein Exemplar des guten alten Orwell-Manuals in der Schreibtischschublade gefunden.

Europol richtet ein „Zentrum zur Bekämpfung der Migrantenschleusung“ und ein „Zentrum zur Terrorismusbekämpfung“ ein. Eine neue „Meldestelle“ arbeitet mit Providern wie Google, Youtube, Facebook und Twitter zusammen, um unliebsame Postings oder Videos aus dem Internet zu entfernen. Zu den Analysewerkzeugen der Zentren gehören die Auswertung von Finanzdaten und die Auswertung des Internet. Internetanbieter und Fluglinien sollen zur Herausgabe von IP-Adressen und Personendaten verpflichtet werden.

Wie Europas Politik den Terror für sich instrumentalisiert.

Von welcher Seite man es auch betrachtet: Keine einzige der Maßnahmen, die derzeit ergriffen werden, wird die Terrorgefahr verringern. Die meisten werden aber den Terror nicht nur begünstigen, sondern die Spirale der Gewalt zusätzlich anheizen, in den bevorstehenden sozialen Auseinandersetzungen verheerende Folgen für die arbeitende Bevölkerung haben und darüber hinaus dafür sorgen, dass eine friedliche Welt in noch weitere Ferne rückt.

Die NSA hat auf Einladung Griechlands während der Olympischen Spiele 2004 in Athen die Kommunikation des ganzen Landes abgeschnorchelt. Terrorabwehr und so.

Was man in Athen aber wohl nicht einkalkuliert hatte: Die Amerikaner kamen nicht nur, installierten Wanzen, Abhörschnittstellen und Spionagesoftware – sie ließen sie auch dort, als sie wieder abzogen.

Hamburg will sich für 2024 bewerben.

Neue Snowden-Dokumente zeigen angeblich, wie die GCHQ auf Basis von Milliarden Metadaten und Cookies die Spuren und Gewohnheiten von Online-Nutzern verfolgt und daraus umfangreiche Profile erstellt.

Das darin umrissene ambitionierte Ziel: die Surfgewohnheiten „aller im Internet sichtbaren Nutzer“ aufzuzeichnen. Das GCHQ hat demnach einschlägige Operationen den Papieren nach vor rund sieben Jahren ohne öffentliche Debatte oder Kontrolle gestartet. Neben einer Datenbank für aufgerufene Webseiten gebe es weitere etwa für die Analyse von Chats, E-Mail, Internet-Telefonaten, SMS, Standortdaten und Interaktionen über soziale Netzwerke. Separate Systeme registrierten „verdächtige“ Suchen via Google im Netz und über den Kartendienst Maps.

Die Bundeswehr warnt Soldaten im Auslandseinsatz vor Spähangriffen mit dem Traojaner „Regin“. Wo mag der wohl herkommen?

Politisch pikant ist die Warnung, weil der Erschaffer von „Regin“ wohl ein enger Verbündeter der Bundeswehr ist. In dem Schreiben an die Soldaten heißt es zwar lediglich, man vermute hinter „Regin“ einen staatlichen Auftraggeber, also einen ausländischen Geheimdienst. Intern aber gibt es innerhalb der Bundesregierung kaum noch ein Zweifel, dass der britische Dienst GCHQ die Software programmiert hat mit ihr versucht, in fremde Datennetze einzudringen. Aber auch der US-Geheimdienst NSA käme in Frage.

Die bayerische Polizei hat ihr Personal für Schleierfahndungen seit dem G7-Gipfel um 500 Polizisten erhöht.

In Bayern darf die Polizei jetzt kontrollieren, wo und was sie will – überall und jederzeit, ohne konkreten Verdacht und ohne jemanden zu suchen. Eine Art Vorratsdatenspeicherung auf deutschen Straßen. Und die CSU empfiehlt ihr Schleierfahndungs-Rezept auch den anderen Bundesländern.

Millionenfaches Datensammeln ist übrigens keine Massenüberwachung, erklärte jetzt ein BND-Jurist vor dem NSA-Untersuchungsausschuss. Wenn das mal nicht genau der richtige Spirit für eine Beförderung ins Justizministerium ist. Schließt braucht der Heiko da nach Siggis Machtwort jede helfende Hand, wenn er denn wirklich bis Juni einen Entwurf für die Intimsphärenspeicherung vorlegen will.

Ex-MI5-Whistleblowerin Anne Machon im Interview auf die Frage, was man als einzelner Bürger heute noch für ein wenig Privatsphäre tun kann:

PGP-Verschlüsselung ist sehr gut, der Tor-Browser, das Betriebssystem Tails. Aber es kommt natürlich auf Ihre Risikogruppe an. Wenn Sie Whistleblower, investigativer Journalist oder ein politischer Aktivist sind, sollten Sie besser Hardware nutzen, die älter ist als 2008. Seit jenem Jahr nämlich werden überall Hintertüren für die Geheimdienste eingebaut. Im Prinzip gibt es nur einen einzigen Weg, wie Sie wirklich sicher und geheim mit einem anderen Menschen kommunizieren können: Nehmen Sie ein Stück Glas und legen Sie Ihr Blatt Papier darauf – so hinterlassen Sie keine Abdrücke. Decken Sie das ab und schreiben Sie unter der Decke – so kann Sie niemand sehen oder hören. Dann wechseln Sie, und Ihr Gegenüber kann die Nachricht lesen. Anschließend zerstören Sie das Papier gründlich. Am besten verbrennen Sie es.

sad

Merke: Auch Volltext-Feeds nicht immer nur im Reader lesen. Denn da hätte ich nach einem brechreizerregenden Satz wie diesem:

Wer nicht sein eigenes Leben in die Waagschale für die Freiheit werfen will, sollte spätestens jetzt für die Ausweitung der Telefonüberwachung eintreten.

sicherlich nicht mehr den folgenden Kommentar bei daMax gelesen, den ich hier mit freundlicher Genehmigung von Operation Pushback gerne übernehme. Der Satz stammt übrigens von Jan Steinhauer und ist so bei SpOn zu lesen. Den Bezug auf ihn und einen seiner Kollegen habe ich allerdings entfernt – so fällt es leichter, dabei an den Überwachungspropgandisten des Tages zu denken:

Ignoriere diese Personen und deren Äußerungen. [Das] sind bekannte verfassungsfeindliche Extremisten. Sie provozieren, lügen, agitieren, hetzen, beleidigen, verleumden. Du kannst sie nicht mit Argumenten überzeugen. Sie machen das mit Absicht. Weitere Analysen und Beschreibungen dieser […] Personen und ihres Gedankenguts erübrigen sich. Du würdest doch auch saudi-arabische Regierungsvertreter ignorieren, die Autofahrverbot für Frauen oder Auspeitschen für Straftäter rechtfertigen, oder? Dann schaffst Du es auch, [die] zu ignorieren.

Wir könnten hier jetzt lange mit Gegenargumenten diese Überwachungspropaganda versuchen zu entkräften. Dabei würden wir uns jedoch selbst entkräften. Wir müssen mit unserer Zeit und unseren Kräften haushalten. Wir können nicht alles ertragen und uns nicht um alles kümmern. Wir dürfen unsere Kräfte nicht durch Zorn und Empörung binden lassen.

Was Du und ich und alle anderen Verfechter von Demokratie und Rechtsstaat, von Freiheit und Menschenrechten jetzt tun können:

1. Solche Überwachungspropaganda von Überwachungsextremisten ignorieren. Einfach abschalten oder wegklicken.
2. Eigene technische Sicherheitsmaßnahmen aufrüsten, soweit es die eigenen Möglichkeiten erlauben.
3. Bekannte Organisationen, die für unsere Rechte und Freiheiten kämpfen, finanziell mit Spenden unterstützen. Jeder hat dafür Geld übrig, sei es noch so wenig. Alles eine Sache der Prioritäten.
4. Rhetorisch aufrüsten für den Argumentationskampf im persönlichen Alltag. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, mit ähnliche überwachungsideologischen Leute im persönlichen Alltag zu tun zu haben, und auch kein Auslachen hilft, dann sollten wenigstens ein paar Totschlagargumente und scharfe Sprachwaffen den Gegner außer Gefecht setzen.
5. Juristisch alle Möglichkeiten nutzen, z.B. mit Auskunftsersuchen datenspeichernde Stellen zur Auskunft über die eigenen persönlichen Daten auffordern. Im Zweifel auch mal vor Gericht ziehen und klagen.

Die Lage ist ernst. Die Einschläge kommen näher. Wir sind im Krieg. Im Krieg der Verfassungsfeinde und Überwachungsextremisten gegen Demokratie, Rechtsstaat, Freiheit und Menschenrechte. Dieser Krieg wird vor allem mit psychologischen Mitteln geführt. Deshalb dürfen wir nicht auf diese psychologische Kriegsführung des Gegners hereinfallen.

Zweiter Teil.

Stell Dir einfach vor, [das] wären Neo-Nazis. Du würdest Neo-Nazis doch auch ignorieren, oder? Der Grund, warum wir uns so leicht über solche Propagandisten aufregen, liegt darin, dass landläufig als “seriös” (Spiegel, Springer, Welt, Bild, Günter Jauch, Frank Plasberg) geltende Presseerzeugnisse/Medien solches Gedankengut […] verbreiten. Dass solches Gedankengut in Mainstream-Medien eine Plattform und Aufmerksamkeit erzielen, das ist es, was im ersten Moment irritiert und aufregt.

Cool bleiben. Immer daran denken: Wenn der Gegner übermächtig zu sein scheint, wende eine Guerilla-Taktik an. Wenn Du den überlegenen Gegner nicht besiegen kannst, füge ihm wenigstens größtmöglichen Ärger und Reibungsverluste zu.

Wir müssen aufhören, Idealisten zu sein und an die Vernunft und den Verstand zu glauben.
Wir müssen beginnen, wie ein Agent hinter feindlichen Linien zu denken. Ein Agent hinter feindlichen Linien regt sich nicht darüber auf, dass der Gegner ihn überwachen, verfolgen, entrechten und entwürdigen will. Ein Agent nutzt jede Schwäche des Gegners und jede Schwachstelle des gegnerischen Systems aus. Ein Agent bekämpft den Gegner mit seinen eigenen Waffen.
Wir müssen militärischer denken. Dann sind wir nicht mehr so emotional betroffen über geistige Umweltverschmutzung […]. Ein Gegner ist ein Gegner bleibt ein Gegner. Wir haben keine Zeit für Traurigkeit und Verzweiflung.

Heute aus der Reihe „Eigentlich haben wir es ja immer gewusst, aber schön, dass es mal einer untersucht“: Facebook kann seine Nutzer besser einschätzen als deren Freunde. Auch besser als Familienangehörige und nur knapp schlechter als die Ehepartner. Und das nur durch die Auswertung von Likes, die meines Wissens jeder sehen kann, der das Profil sehen darf. Facebook selbst – und auch die anderen Dienste, denen wir unsere Daten überlassen – weiß ja noch viel mehr.

Daimler will seine rund 280.000 Mitarbeiter alle drei Monate mit den Terrorlisten von USA und EU abgleichen.

Sollte ein Daimler-Mitarbeiter auf den Sanktionslisten auftauchen, ist dieser laut Betriebsvereinbarung „freizustellen, das Entgelt wird nicht ausbezahlt, und alle weiteren Leistungen sind zurückzuhalten“

Ein guter Ansatz, auch wenn da viel Potential ungenutzt bleibt. Was ist zum Beispiel mit den Babys auf den Terrorlisten? Ist es zu verantworten, Menschen zu beschäftigen, die die kommende Terroristengeneration aufziehen? Generell gehört auch das Umfeld der Mitarbeiter besser ausgeleuchtet, finde ich. Sicherheit geht vor. (Danke, Volker)

Update: Die Briten haben den Ernst der Lage erkannt. Dort sollen jetzt schon Kindergärtnerinnen terrorverdächtige Babys melden.

Da habe ich doch glatt wieder was gelernt: Eine 13-monatige Speicherung von Bewegungsdaten, Kennzeichen und Fotos für die PKW-Maut ist ein Beispiel für „Datensparsamkeit“ (Maas) und „Datenschutz auf höchstem Niveau“ (Dobrindt). Als gemeiner Bürger hat man von diesen Begriffen sonst ja nur eine eher vage Vorstellung.