Ein Parteitag der Kommunistischen Partei in China ist die beste Gelegenheit, die Zensur im Land zu untersuchen. Ein Wissenschaftler der Havard-Universität hat dazu in China ein Forum eröffnet und Interessantes berichtet. So rieten ihm die chinesischen Entwickler des Forums, zwei bis drei Zensoren pro 50.000 Nutzer einzustellen – was landesweit 50.000 bis 75.000 Zensoren bedeutet und vielleicht auch eine Orientierung für den Personalbedarf unserer maaslosen Internetzensur liefert.

Auch interessant: Kritische Meinungsäußerungen werden nicht so streng zensiert, wie gedacht. Hier geht es eher um Beiträge, die zu Aktionen oder Versammlungen aufrufen.

Wie nicht anders zu erwarten, ist Maas‘ Internet-Zensurgesetz mit großer Mehrheit durch den Bundestag gegangen. Nur die Linke und eine Unionsabgeordnete haben dagegen gestimmt.

Die Grünen haben sich mal wieder vor der Abstimmung gedrückt, dafür aber kurz zuvor noch mit Konfetti-Regen im Bundestag ordentlich für die ebenfalls heute beschlossene Homo-Ehe gefeiert. Man muss halt Prioritäten setzen.

Eine Reportage von 1991 über die Arbeit der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften erweist sich als echtes Comedy Gold – unbedingt bis zum Ende gucken! (Danke, Dirk)

Und natürlich bleibt die Zeit dort auch nicht stehen. Heute muss die „Bundeskopierstelle für jugendgefährdende Medien“ auf Anfrage indizierte Pornofilme kopieren, wenn diese seit mehr als zwei Jahren vergriffen sind. So wollen es das Informationsfreiheitsgesetz und ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln.

Fünf Jahre nach Zensursula stellt die Bundesregierung plötzlich fest, dass Löschen statt Sperren doch funktioniert!

Fast alle Internet-Inhalte mit “Kinderpornografie” lassen sich zeitnah und problemlos löschen. Das belegt auch der aktuelle Bericht der Bundesregierung mit Statistiken. Damit geben Bundeskriminalamt und Regierung den Kritikern von Internet-Zensur in allen Punkten recht.

Wieder was gelernt. In Israel gibt es eine Zensurbehörde – so richtig offiziell:

Wir erhalten im Monat Tausende von Beiträgen. Das reicht von einer Überschrift in einer Zeitung bis hin zu einem komplexen Buch, dessen Überprüfung mehrere Monate dauern kann. Aus den Tausenden von Eingaben geben wir 80 bis 85 Prozent zurück, ohne sie zu beanstanden. Aus den verbleibenden 15 bis 20 Prozent gehen 10 bis 15 Prozent an die Herausgeber zurück mit „spezifischen Disqualifikationen“, wie wir das nennen. Oft ist das nicht mehr als ein Satz. Nur bis zu ein Prozent der eingereichten Beiträge werden komplett verboten.

Okay, so weit sind wir noch nicht, aber es gibt Parallelen. Hier wie da ist Zensur zu großen Teilen nämlich gar nicht mehr nötig:

Sie beschreiben das, was ich den israelischen Konsens nenne. Ich halte die israelischen Journalisten für sehr verantwortungsvoll. Manche von ihnen achten sogar mehr auf Sicherheitsbelange als wir in der Zensurbehörde.

Das Interview mit der Chefzensorin Sima Vaknin-Gil ist von 2010.

Max hat sich mal über die fortschreitenden Verschlimmbesserungen von WordPress ausgekotzt und dabei ein krasses „Feature“ entdeckt. Offenbar korrigiert WoRdPrEsS die Schreibweise von WORDpress, wenn man WordPRESS nicht mit Binnenmajuskel schreibt. Das muss ich doch gleich mal testen: WordPress.

Update: Tatsache! Was soll denn der Scheiß? Mal sehen, wie lange wir WordPress noch im Kontext negativ wertender Begriffe schreiben dürfen. Ach, und wenn wir schon dabei sind, könnten wir ja auch gleich …

Gibt es eigentlich schon alternative Versionen von WordPress, so wie es doch auch eine Version von Chrome ohne den Tracking-Kram gibt/gab?

In Berlin-Kreuzberg soll sexistische Werbung künftig verboten werden:

In der Begründung heißt es, dass in Zukunft Werbung nur noch legal sein darf, wenn sie den politischen „Idealen eines emanzipierten, bewussten und nachhaltigen Lebens“ entspricht. Dass Werbung auf politische Ideen verpflichtet wird – so was gibt es bisher höchstens in Nordkorea. Die Formulierung „unangemessene Darstellung von Körpern“ dagegen könnten sie aus dem Programm der Taliban übernommen haben.

Zensur überflüssig, unsere Journalisten sind schon so „ganz auf Linie mit den Eliten“:

Ich vermute folgendes: Journalisten mit Eliten-kompatiblen Werten und Meinungen haben höhere Chancen, Zugang zu den höchsten Kreisen zu bekommen, und die Einbindung in das Elitenmilieu verstärkt dann über die Zeit hinweg die Konformität. Das heißt auch: Journalisten mit Eliten-kompatiblen Meinungen haben bessere Chancen, Karriere zu machen, denn sie können im eigenen Haus und in der Branche mit exklusiven Informationen und hochrangigen Interviewpartnern punkten.

In der Law Enforcement Working Party (LEWP), einer EU-Arbeitsgruppe des Rates „Justiz und Inneres“, möchte man die Probleme des digitalen Zeitalters gerne mit dem ganz großen Besteck angehen. Im Protokoll einer Sitzung vom 17. Februar (PDF) heißt es:

The Presidency of the LEWP presented its intention to propose concrete measures towards creating a single secure European cyberspace with a certain „virtual Schengen border“ and „virtual access points“ whereby the Internet Service Providers (ISP) would block illicit contents on the basis of the EU „black-list“.

Was denen da vorschwebt ist nichts anderes mehr als Chinas Great Firewall. Wie sagte doch Hans-Peter Uhl (CSU), innenpolitischer Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag, schon im bayerischen Landtagswahlkampf 2008:

Was die Chinesen können, sollten wir auch können. Da bin ich gern obrigkeitsstaatlich.

(via)

Erst kürzlich bereitete Verteidigungsminister zu Guttenberg uns auf weitere Einsätze der Bundeswehr vor, nun legt Bundespräsident Köhler zur neuen Rolle der Armee beim Deutschlandradio nach:

Allerdings müsse Deutschland mit seiner Außenhandelsabhängigkeit zur Wahrung seiner Interessen im Zweifel auch zu militärischen Mitteln greifen. Als Beispiel für diese Interessen nannte Köhler ‚freie Handelswege‘. Es gelte, Zitat ‚ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auf unsere Chancen zurückschlagen‘ und sich somit negativ auf Handel und Arbeitsplätze auswirkten.

Neu ist dieser strategische Wandel freilich nicht. Sehr empfehlenswert ist in diesem Zusammenhang ein Artikel des Hintergrund über den Umbau der Bundeswehr zur Angriffsarmee aus dem letzten Jahr:

Wie wichtig der CDU/CSU die militärische „Zugangssicherung“ zu Erdöl, Gas und Mineralien in fremden Ländern ist, macht auch ein Beschluss der Bundestagsfraktion mit dem Titel „Eine Sicherheitsstrategie für Deutschland“ vom Mai 2008 deutlich. Darin heißt es: „Die Herstellung von Energiesicherheit und Rohstoffversorgung kann auch den Einsatz militärischer Mittel notwendig machen, zum Beispiel zur Sicherung von anfälligen Seehandelswegen oder von Infrastruktur wie Häfen, Pipelines, Förderanlagen etc..“ Spätestens bei den Förderanlagen wird’s kriminell. Denn es sind nicht die einheimischen Förderanlagen gemeint.

Den kompletten Text des Fraktionsbeschlusses gibt es hier.

Update: Beim Deutschlandradio ist man mit den Äußerungen Köhlers mittlerweile offenbar nicht mehr so glücklich, zumindest wurden sie im Onlineangebot teilweise nachträglich gelöscht, wie Sebastian Glas dokumentiert. Auch UnPolitik.de verfolgt den Fall und hat ein Transkript von Köhlers Zitat aus dem mp3 des Interviews. Schade, bisher habe ich das Deutschlandradio für eine seriöse Quelle gehalten.

Nach „Du bist Terrorist“ hat Alexander Lehmann einen neuen Kurzfilm veröffentlicht. Diesmal geht es um die Politik der Bundesregierung zu den Internetsperren. Auf der Seite zum Film gibt es viele Erklärungen und Belege zu den einzelnen Szenen – damit man nicht am Ende noch eine der vielen schönen Anspielungen versäumt…

Dass es bei den Internetsperren nicht um den Kampf gegen Kinderpornographie geht, war ja leider von Anfang an klar. Dass nun aber Zensursula selbst eine Ausweitung fordert, noch bevor das Gesetz überhaupt in Kraft getreten ist, überrascht mich nun doch:

Mir geht es jetzt um den Kampf gegen die ungehinderte Verbreitung von Bildern vergewaltigter Kinder. Der Straftatbestand Kinderpornografie ist klar abgrenzbar. Doch wir werden weiter Diskussionen führen, wie wir Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde im Internet im richtigen Maß erhalten. Sonst droht das großartige Internet ein rechtsfreier Chaosraum zu werden, in dem man hemmungslos mobben, beleidigen und betrügen kann. Wo die Würde eines anderen verletzt wird, endet die eigene Freiheit. Welche Schritte für den Schutz dieser Grenzen notwendig sind, ist Teil einer unverzichtbaren Debatte, um die die Gesellschaft nicht herumkommt.

Ich möchte gar nicht wissen, was für Frau von der Leyen das „richtige Maß“ an Meinungsfreiheit, Demokratie und Menschenwürde ist. Dass sie hierfür überhaupt ein solches finden will, spricht Bände. Zum Internet als rechtsfreiem Raum und Zensursulas Rechtsverständnis hat Udo Vetter die passenden Worte gefunden.